"Transformationsgesetz" und Wirklichkeit der Oppenheimerschen Genossenschaftstheorie
In: Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen, Bd. 15, 1992, S. 1-16.
[S. 1] Abstract: Mit dem Transformationsgesetz Franz Oppenheimers wird in der deutschen Nachkriegsgeschichte häufig eine Art "Letztbegründung" für das Scheitern von Produktivgenossenschaften angeführt. Bei genauerer Untersuchung des Oppenheimerschen Lebenswerkes zeigt sich jedoch, daß Oppenheimer die Gültigkeit seines Gesetzes sehr eng auf genossenschaftliche Arbeiterfabriken begrenzt hat und ansonsten durchweg positiv diskutiert, mit Hilfe genossenschaftlicher Wirtschafts- und Lebensgemeinschaften groben Kapitalismus in soziale Marktwirtschaft zu überführen und zu stabilisieren.
Prof. Dr. med. et phil. Franz Oppenheimer wurde 1864 in Berlin geboren, arbeitete von 1886 bis 1895 als Arzt in den Armenvierteln Berlins, finanzierte anschließend als Journalist und freier Schriftsteller sein Selbststudium der Gesellschaftswissenschaften, lehrte von 1909 bis 1917 als Privatdozent in Berlin und anschliessend bis 1929 als ordentlicher Professor (Ordinarius) für theoretische Nationalökonomie und Soziologie in Frankfurt/Main.[1] 1938 emigrierte er mit seiner Tochter Renate über Japan nach Los Angeles, wo er 1943 verstarb.
Obwohl Oppenheimer weit über 10.000 Druckseiten zu Fragestellungen der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften verfaßt hat, wird er heute fast nur noch im Zusammenhang mit seiner 1896 veröffentlichten "Siedlungsgenossenschaft"[2] genannt.[3] Aus ihr stammt das sog. Transformationsgesetz, welches oberflächlich betrachtet besagt, daß sich alle Produktivgenossenschaften schrittweise in gewöhnliche Kapitalgesellschaften wandeln, weil die kapitalistischen Verhältnisse in Verbindung mit psychosozialen Unmöglichkeiten keine andere Entwicklung zuließen. Unter den Schlagworten "Mangel an Kapital", "Mangel an Absatz" und "Mangel an Disziplin" wurde dann in der Vergangenheit mehrfach von Oppenheimers "Siedlungsgenossenschaft" [S. 2] ausgehend die betriebswirtschaftliche Dimension einer speziellen "Genossenschaftsproblematik" diskutiert; freilich meist ohne in einem unmittelbaren Vergleich verschiedener Betriebsformen festzustellen, inwiefern diese Faktoren bei Nichtgenossenschaften weniger schwerwiegende Engpässe darstellen.[4] Eine Neuauflage der betriebswirtschaftlichen Diskussion soll hier denn auch nicht angestrengt werden, zumal Hans G. Nutzinger in dieser Zeitschrift bereits eine betriebswirtschaftlich-immanente Kritik und konstruktive Lösungsvorschläge unterbreitet hat.[5]
Nachgegangen werden soll vielmehr dem Umstand, daß das Transformationsgesetz Oppenheimers in der Nachkriegsliteratur bestenfalls als eine Art "Projektionsfläche" verwendet wird, auf der sich primäre Beobachtungen scheinbar wissenschaftlich und mit höchster Autorität versehen abschließend deuten lassen. Als Jude und Sozialist wurde Oppenheimer in die Emigration getrieben, seine Bücher vernichtet[6] und die sozialistische Genossenschaftsbewegung in Deutschland entweder aufgerieben oder von Parteigängern der NSDAP übernommen.[7] Hätte Oppenheimer nicht irgendwann dieses mißverstehbare "Transformationsgesetz" verfaßt, wäre heute vermutlich jeder Bezug zu seinen sozialkritischen Arbeiten verlorengegangen. Eine Rekonstruktion des ursprünglichen Kontextes, in dem das Transformationsgesetz (ent)stand, sowie einiger Grundzüge der Oppenheimerschen Genossenschaftstheorie mag daher sowohl der Rehabilitation eines Gelehrten dienen, der sein ganzes Leben einer genossenschaftlich liberal-sozialistischen Gesellschaftsentwicklung gewidmet hat und nach Kriegsende seine Sache nicht mehr selber vertreten konnte, als auch darüber hinausgehend Anregungen für akute Fragestellungen geben.
I. Sozioökonomisch-biografischer Entstehungszusammenhang
Die "Siedlungsgenossenschaft" Oppenheimers ist fraglos kein bequem zu lesendes Buch. Die Umstände seiner Entstehung bedürfen daher einer (entschuldigenden) Erläuterung. Oppenheimer selber trug in den Neuauflagen der "Siedlungsgenossenschaft" [S. 3] eine Art Entschuldigung vor, indem er meinte, dieses Buch müsse entweder komplett umgeschrieben und neu gesetzt werden, oder man läßt es eben wie es ist, zumal der interessierte Leser in seinem 1898 erschienenen Werk "Großgrundeigentum und soziale Frage"[8] eine weitgehend verbesserte Aufarbeitung der wissenschaftlichen Zusammenhänge vorfände.
1896, als die "Siedlungsgenossenschaft" erstmals erschien, war Oppenheimer 32 Jahre alt. Er hatte seit dem 15. Lebensjahr mit leidenschaftlichem Interesse alle verfügbaren Geschichtsbücher gelesen, hatte mit 21 Jahren bei dem späteren Nobelpreisträger Paul Ehrlich in Medizin promoviert (als dessen bester Schüler sein jüngerer Bruder Carl Oppenheimer gilt) und beherrschte von daher die naturwissenschaftliche Methode von Forschung und Beweisführung. Als Mediziner kannte er ferner die Denkfiguren von Krankheit und Gesundheit, Normalität und Abweichung, Krankheitsbild und Krankheitsursache.
Die Verelendung der Arbeiterklasse, deren körperlichen Krankheiten er sich neun Jahre als Arzt gewidmet hatte, verstand Oppenheimer bald als Symptome eines erkrankten Gesellschaftskörpers. Knapp vier Millionen Deutsche waren zwischen 1820 und 1882 nach Nordamerika ausgewandert und ein ebensolcher Strom ergoß sich vom Lande in die Städte.[9] Die in die Städte wandernden Landarbeiter trafen dort auf die Klasse der Industriearbeiter, traten mit dieser in einen scharfen Wettbewerb um vorhandene Arbeit und drückten damit auch deren Löhne auf das denkbar niedrigste Niveau.[10] Die Arbeiter leisteten in großem Ausmaß Mehrwert, die Unternehmer zahlten Minderwert. Die Gesellschaft zerfiel in zwei Klassen,[11] den extrem Reichen und den extrem Armen, was zu erheblichen sozialen Spannungen führte.[12]
"Ich untersuchte die städtische Arbeiterfrage und fand, daß die Ursache der niedrigen Löhne und der damit verbundenen wirtschaftlichen, moralischen und hygienischen Not nur darauf zurückzuführen war, daß ein Überangebot von Händen auf dem Markte, die »Reserve-Armee«, den Preis der Arbeit drückte. Ich untersuchte den Ursprungsort dieser Reservearmee und fand, daß sie nicht, wie Marx fälschlich annahm, aus der Industriebevölkerung selbst stammte, sondern durch eine massenhafte Abwanderung vom Lande her in die gewerblichen Zentren strömte, welche sie massenhaft aufnehmen, ohne sie doch alle aufnehmen zu können. Ich untersuchte, aus welchen Teilen des Landes diese Massen stammten, und fand, daß sie so gut wie gänzlich der Tagelöhnerbevölkerung der Großgutsbezirke angehörten."[13]
An den empirischen Untersuchungen des Konservativen v. d. Goltz und dem von ihm formulierten Wanderungsgesetz anknüpfend, stellte Oppenheimer daraufhin [S. 4] ein allgemeines Migrationsgesetz auf. Es lautet: "Die Menschen strömen vom Orte höheren wirtschaftlichen Druckes zum Orte geringeren wirtschaftlichen Druckes auf der Linie des geringsten Widerstandes."[14] In der konkreten Anwendung auf die damalige Zeit bedeutete dies gemäß v.d. Goltz: "Mit dem Umfang des Großgrundbesitzes parallel und mit dem Umfang des bäuerlichen Besitzes in entgegengesetzter Richtung geht die Auswanderung."[15]
Sollte der Arbeitsmarkt in den Städten entlastet werden, hätte gemäß Oppenheimer dafür gesorgt werden müssen, daß das Land seine Bewohner nicht länger ausstößt.[16] In aller Schärfe wandte er sich gegen die damals vorherrschende Absicht der sozialistischen Arbeiterbewegung, das städtische Überangebot an Arbeitskräften durch städtische Genossenschaften auffangen zu wollen und forderte die Lösung des Problems auf dem Lande. "Man kann meine wissenschaftliche Einstellung (...) derart kennzeichnen, daß ich im Gegensatz zu allen anderen Sozialisten, Karl Marx eingeschlossen, nicht unmittelbar die Interessen des Industrieproletariats, sondern des Landproletariats vertrete. Ich habe ernst gemacht mit dem Marxschen Satz, daß es nötig ist die tiefste Klasse der Bevölkerung zu heben, um die ganze Gesellschaft zu heben. (...) der Landarbeiter bildet die tiefste Schicht der Bevölkerung."[17]
Offen erklärte Oppenheimer, die "Siedlungsgenossenschaft" als "Kampfschrift" und zum Zwecke der "Propaganda" für eine "neue soziale Praxis"[18] verfaßt zu haben. "... ich will mir Mitglieder werben zur Mitarbeit an einem praktischen Werke." Denn: "Mehr als alle literarische Kritik sagt in sozialen Dingen die Kritik durch die Tatsachen!"[19] Neben aller theoretischen Durchdringung bestimmter Sachverhalte, die auf der Ebene der Vernunft mit der Zeit starken Einfluß gewannen und Agrarreformen bis hin nach Japan durch Oppenheimers Schüler auslösten,[20] suchte Oppenheimer also Verbündete und vor allem Geldgeber, um seine praktische Idee der Siedlungsgenossenschaft umzusetzen. Diese frühe Schrift von ihm wurde zielgerichtet in scharfem Ton verfaßt, weil er sich als damals völlig unbekannte Person gegen die vorherrschende Idee der städtisch-industriellen Arbeiterproduktivgenossenschaft in die öffentliche Diskussion einbringen wollte und dabei den Nachweis zu erbringen hatte, daß die landwirtschaftliche Produktivgenossenschaft ungleich einfacher und treffender die "soziale Frage" lösen könne.[21] Alle Passagen des "Transformationsgesetzes" entstammen denn dem ersten Teilband der "Siedlungsgenossenschaft". Über ihn zieht Oppenheimer auf S. 303 derselben folgende Zwischenbilanz: "Wir haben die erste Hälfte unserer Aufgabe gelöst: das Niederreißen. Der zweite Teil dieses Werkes wird dem Aufbau gewidmet sein. Wenn wir den kritischen Weg zurückblicken, [S. 5] den wir gegangen sind, so sehen wir, daß das erste Buch der Zerstörung der hochfliegenden Hoffnungen gewidmet war, welche sich an die städtischen Genossenschaften knüpften. Wir mußten feststellen, daß sie eine soziale Wirksamkeit nicht nur nicht entfaltet haben, sondern auch nicht entfalten konnten."
Oppenheimer war selber kein besonderer Freund des Landlebens und folgte daher keineswegs romantisierenden Motiven. Die Siedlungsgenossenschaft war für ihn eine rein mit Hilfe der Logik gewonnene therapeutische Antwort, um innerhalb der geltenden Wirtschaftsordnung den Großgrundbesitz zu überwinden, die Wanderungsbewegung zu stoppen und den daraus folgenden sozialen Sprengstoff zu entschärfen. "Die Sphinx der Weltgeschichte stellt Deutschland die Frage. Es bedeutet Tod, wird die Lösung verfehlt. Hier ist die Lösung! Die Lösung, gefunden auf dem einzigen Wege, durch das wissenschaftliche Denken. Prüft! Und widerlegt mich, - oder geht den Weg, den ich zeige."[22]
II. Das "Transformationsgesetz"
Daß Genossenschaften, ebenso wie andere Unternehmen, bei Fehlverhalten untergehen, ist selbstverständlich. Daß solche Untergänge in der Öffentlichkeit besonders heftig diskutiert werden, ergibt sich aus dem erweiterten Kreis der Geschädigten, dem erhöhten Rechtfertigungszwang der Geschäftsleitung, der weniger gut funktionierenden Informationszurückhaltung und der "Exotik" dieser Unternehmensform mit ihren besonderen sozialpolitischen Ansprüchen. Es mag sein, daß die Genossenschaft tatsächlich besonderen Anfechtungen in einer privat organisierten Marktwirtschaft ausgesetzt ist. Es mag aber ebenso sein, daß sie von ihrem Umfeld lediglich in besonderer Weise wahrgenommen wird. Rezipienten des "Transformationsgesetzes" bemühen Oppenheimer zumeist jedoch in der Absicht festzustellen, daß eine besondere Problematik mit naturgesetzesmäßiger Sicherheit seit 95 Jahren bewiesen sei und sich seitdem stets dasselbe Drama in Szene setze. In diesem Abschnitt soll die Stichhaltigkeit dieser Aussage kritisch überprüft werden.
Auf zwei Ebenen diskutiert Oppenheimer das Vorhaben, den Mangel an Fabrikarbeitsplätzen durch genossenschaftliche Selbsthilfe zu beheben. Die eine Ebene ist die betriebswirtschaftliche. Auf ihr erläutert er, wie unendlich schwierig es ist, industrielle Produktivgenossenschaften einzurichten und zu betreiben. "Wenn sie aber privatökonomisch glückt, so wird sie durch ein ehernes Gesetz, das ich »Gesetz der Transformation« genannt habe, in ihrem innersten Wesen umgestaltet; sie hört auf Genossenschaft zu sein und wird simple Unternehmersozietät ..."[23] Als Unternehmersozietät (oder Unternehmergenossenschaft[24]) hört sie keineswegs auf zu existieren; sie ist nur ihrem Wesen nach transformiert in eine Gesellschaft mit anderen Merkmalen!
[S. 6] "Der Parasitismus, das innere Wesen einer transformierten Genossenschaft, zeigt sich in den Maßnahmen der Sperrung gegen Beitrittslustige und in der wirtschaftlichen Ausbeutung der Gesellen."[25] "Sie treten ins Leben ein in einer Jugendform, welche dem genossenschaftlichen Ideale demokratischer Verfassung, freien Beitritts und gerechter Gewinnverteilung gänzlich entspricht; und sie werden im Kampfe ums Dasein, der nur die »Passendsten« ausliest, verwandelt in die Altersform, welche alle Organe der viel höher gegliederten Jugendform verloren hat (...)."[26]
Mit anderen Worten: Um die "soziale Frage" lösen zu können bzw. dem "Kapitalismus" eine passende Antwort entgegenzusetzen, hätten die industriellen Produktivgenossenschaften im Sinne theoretisch geforderter Ideale funktionieren müssen.
- Sie hätten die "Ausbeutung des Menschen durch den Menschen" überwinden sollen, weswegen man ihnen unmöglich zugestehen konnte, daß die Genossen selber Arbeiter mit geringeren Rechten einstellen. Eine Genossenschaft wird Unternehmergenossenschaft, sobald sie sich in abhängig Beschäftigte und vollberechtigte Teilhaber scheidet.
- Sie hatte der Verelendung der Massen eine Lösung entgegenzusetzen, weswegen man ihr ideologisch nicht zugestehen konnte, daß sie sich gegenüber den verelendeten Massen sperrt, sobald es ihr gut geht - sie also privatökonomisch gelingt. Eine Genossenschaft hörte daher per Definition auf, Genossenschaft zu sein, wenn sie den § 1 des Genossenschaftsgesetzes negiert, nämlich "eine Gesellschaft von nicht geschlossener Mitgliederzahl" zu sein.[27]
"In einer vergleichenden Untersuchung, welche ich über die Produktivgenossenschaften sämtlicher Kulturländer angestellt habe, konnte ich den Beweis erbringen, daß dieser Entwicklung kein einziges Exemplar entgangen ist, und konnte sodann den theoretisch-deduktiven Beweis dafür liefern, daß hier kein Zufall waltet, sondern ein Gesetz, das »Gesetz der Transformation«. Diese Untersuchung gipfelt in folgenden Sätzen: »Weil die Produktivgenossenschaften durch Aufnahme neuer Mitglieder ... nicht nur ihre Vorteile wesentlich beschränken, sondern auch ihr Gedeihen ernstlich in Frage stellen würden, ja sogar mit absoluter Notwendigkeit zu Grunde gehen müßten, ... ist ihre Sperrung kein sittliches Verschulden, sondern eine eherne Notwendigkeit ...« Das Gesetz der Transformation sperrt jede gedeihende Genossenschaft. Jede gesperrte Genossenschaft hat aufgehört, Genossenschaft zu sein. Folglich gibt es keine industrielle Verkäufergenossenschaft und kann es keine geben."[28]
Als Begründung für diese Unmöglichkeit führt Oppenheimer eine Denkfigur ein, deren "Entdeckung" er originär sich selber zuschreibt. "Ich habe in meiner »Siedlungsgenossenschaft« den Unterschied der Entwicklung zwischen »Käufergenossenschaften« [S. 7] und »Verkäufergenossenschaften« aufgedeckt. Jene (Konsumverein, Kredit-, Rohstoff-, Werk- und Baugenossenschaft) sind, solange sie Käufergenossenschaften bleiben, jedem Beitrittslustigen offen und haben eine durchaus demokratische Verfassung; diese (Produktiv- und Magazingenossenschaften) werden durch ein »ehernes Gesetz der Transformation«, das jede individuelle Verschuldung ausschließt,[29] aus freien Genossenschaften umgewandelt in Ausbeutergenossenschaften mit aristokratischer Verfassung, welche sich gegen Beitrittslustige sperren. Die Ursache dieser Verschiedenheit liegt darin, daß dort eine Interessensolidarität, hier ein Interessengegensatz besteht; das Motiv darin, daß der Beitritt neuer Mitglieder zu einer Käufergenossenschaft den Dividendus des Gewinns stärker vermehrt als den Divisor, während umgekehrt der Beitritt neuer Mitglieder zu einer Verkäufergenossenschaft den Divisor des Gewinns immer stärker vermehrt als den Dividendus: dort steigt mit der Genossenzahl der Einzelgewinn bis Unendlich, hier sinkt er bis auf Null und darunter."[30]
Dieser mathematische Zusammenhang, der die Kernidee des Transformationsgesetzes ausmacht, steht wiederum fernab konkreter betriebswirtschaftlicher Erwägungen. Er besagt, noch vereinfachter ausgedrückt: In eine Genossenschaft wollen neue Mitglieder immer dann eintreten, wenn der Eintritt für sie von Vorteil ist. Treten sie in eine Käufergenossenschaft ein, verbessern sie die Marktposition der Gesamtgenossenschaft und erhöhen damit den teilbaren Gesamtvorteil. Treten sie in eine Verkäufergenossenschaft ein, so wäre dieser Beitritt nur dann ertragsneutral, wenn die Genossenschaft unmittelbar ihren Absatz erhöhen könnte. Eine Erhöhung der Absatzmenge geht jedoch in aller Regel zu Lasten des Verkaufspreises. Somit senkt ein Beitritt zu einer Verkäufergenossenschaft in aller Regel den teilbaren Gesamtertrag. Niemals kann eine Verkäufergenossenschaft jedoch grenzenlos Neumitglieder aufnehmen. Ruin oder Abgrenzung sind die logische Folge dieses zwingenden Zusammenhanges.
In der Umkehrung bedeutet Oppenheimers Transformationsgesetz, daß "Produktivgenossenschaften" nur dann bestehen können, wenn sie von neu hinzutretenden Mitgliedern "Eintrittsgeld" verlangen (= "versteckte Transformation"[31]) oder sich bei Erreichung der maximalen Absatzfähigkeit eines Produktes gänzlich absperren. Zu exakt dieser Schlußfolgerung gelangen Rudolf Walder und Anton Zottmann[32] aufgrund eigenständiger Überlegungen, ohne ihre Übereinstimmung mit Oppenheimer zu bemerken. Die von Schulze-Delitzsch und Raiffeisen als gutgemeinte Forderung im Genossenschaftsgesetz verankerte ausschließende Definition, mit der die [S. 8] Massenwirksamkeit "erzwungen" bzw. sichergestellt werden sollte, ist außerdem in der Praxis zwischenzeitig fallengelassen worden.[33]
Um die "soziale Frage" lösen zu können, hätten die industriellen Produktivgenossenschaften im Sinne der theoretisch geforderten Ideale funktionieren müssen. Mit diesen Idealen im Kopfe traten sie an, aber konnten sie nach Oppenheimer nicht erfüllen. Damit ist der von der sozialistischen Bewegung beschrittene Weg für Oppenheimer eindeutig falsch, was zu beweisen war.
Konkurse von Genossenschaften aktuell mit dem "Transformationsgesetz" in Verbindung zu bringen, ist dagegen nur in Fällen korrekt und zulässig, die heute praktisch nicht mehr existieren. Betrachtet man allerdings die betriebswirtschaftlichen Darstellungen Oppenheimers, so darf man diese durchweg als präzise Schilderung bis heute auftretender Hürden ansehen, die es durch entwickelte und gekonnt angewendete Techniken zu überwinden gilt. Zahlreiche Hinweise, wie dies zu geschehen habe, können Oppenheimers Schriften entnommen werden. Doch nur gesperrte Produktivgenossenschaften wird es geben können, und diese Tatsache mußte Oppenheimer 1896 aufgrund der besonderen Lage herausarbeiten, um die von ihm favorisierte Alternative hervorzuheben. "Wenn trotzdem einzelne dieser Gründungen die Schwierigkeiten des ersten Anfangs überwunden haben und zu großer Blüte gelangt sind, so liegt dies daran, daß die Produktivgenossenschaft im Grunde eine Wirtschaftsform ist, welche dem Unternehmergeschäft ceteris paribus[34] weit überlegen ist."[35] Mit reformierten Ansprüchen konfrontiert und in einem günstigeren wirtschaftlichen Umfeld, sieht Oppenheimer selbst für die schwierige Form der industriellen Produktivgenossenschaft Chancen.
III. Grundzüge der Oppenheimerschen Genossenschaftstheorie
Eine Hauptfigur der Oppenheimerschen Genossenschaftstheorie erwächst aus dem von Gierke[36] geprägten Gegensatzpaar »Genossenschaft« und »Herrschaft«. Dieses korrespondiert auf der sozialpsychologischen Ebene mit dem Gegensatzpaar des »Wir-Interesses« versus dem »Ich-Interesse« oder »Nicht-Wir-Interesse«. "Dies Wir-Interesse stellt sich von vornherein in den Dienst, nicht der Selbst-, sondern der Arterhaltung. (...) Es äußert sich in der todesmutigen Verteidigung der Jungen durch die Eltern, der Genossen durch die Genossen, und in friedlicheren Situationen [S. 9] durch die gegenseitige Hilfe, die sich Genossen angedeihen lassen, indem sie z.B. knappe Nahrung miteinander teilen."[37]
"... sobald der Staat als die Vereinigung einer siegreichen und einer unterworfenen Volksgruppe auf einem Territorium und unter einem Gesetz in Erscheinung getreten ist, mischen sich die beiden Urformen menschlicher Beziehung in überall typischer Weise. Innerhalb der beiden Gruppen herrscht überwiegend das Wir-Verhältnis, zwischen ihnen überwiegend das Nicht-Wir-Verhältnis, innerhalb ihrer Liebe, Genossenschaft und gegenseitige Hilfe, aber zwischen ihnen Gewalt, Herrschaft und Ausbeutung."[38] "(...) wenn man diesem ungeheuren Gegensatz gerecht werden will, so muß man die Herrschaft erkennen als die Schöpfung des Kampfes, des »Nicht-Wir-Verhältnisses«."[39]
Dieser Kampf äußert sich nach Oppenheimer darin, daß bestimmte Personen oder Gruppen ihre Bedürfnisse nicht durch Arbeit oder Einsatz »ökonomischer Mittel« befriedigen, sondern »auf ökonomische Weise«, das heißt auf dem Wege des geringsten Aufwandes, durch Ausbeutung der Arbeit anderer, also durch den Einsatz von Macht bzw. den Einsatz »politischer Mittel«.[40] Diese »politischen Mittel«, die zumeist auf errichteten und legalisierten Herrschaftsverhältnissen beruhen, gilt es zu überwinden - wodurch der Kapitalismus, den Oppenheimer als eine Übergangsform des Feudalismus versteht,[41] in einen harmonisierten und freien Sozialismus transformiert werden könnte.
Anders als Max Weber, dem er vorwirft, fälschlich Herrschaft und Führung gleichgesetzt zu haben,[42] definiert er: "Herrschaft soll heißen eine Beziehung sozialer Klassen, d.h. eine auf Dauer gemeinte Beziehung zwischen Rechtsungleichen, einer Herrenklasse oben und einer Unterklasse unten. Sie ist »eine legitime Ordnung«, die »Geltung« besitzt. Diese Ordnung ist im positiven Recht und der Verfassung gesetzt und durch die Machtmittel der Herrenklasse (weltliche und bald sehr mächtige geistliche) »garantiert«."[43] Mit zahlreichen Beispielen aus der Geschichte belegt er, "daß überall, wo Herrschaft aufkommt, sie sofort alle Genossenschaft zu unterdrücken trachtet: (...),"[44] und dies stets auch unter Einsatz polizeilicher und juristischer Maßnahmen geschieht. Die Herrenklasse bemüht sich, bestimmte »Chancen der Befriedigung innerer oder äußerer Interessen« zu monopolisieren, indem sie besondere (Besitz-)Rechte für sich beansprucht. "Mit anderen Worten: zum Begriffe der Herrschaft gehört nicht nur die Rechtsungleichheit, sondern die wirtschaftliche Ausbeutung auf Grund der »monopolisierten« Eigentumsrechte. Diese Eigentumsrechte können in dem unmittelbaren Eigentum an den Personen der Unterklasse bestehen: [S. 10] dann haben wir die verfassungsmäßigen Formen der Sklaverei oder der Hörigkeit, die durch unmerkliche Übergänge verbunden sind; (...). Oder diese Eigentumsrechte können bestehen in den »appropriierten erblichen Chancen«, die mit der Verfügung über die Existenzmittel, vor allem die Arbeitsmittel, und hier wieder vor allem über den Grund und Boden, verbunden sind, während die Personen der Unterklasse rechtlich »frei« sind."[45]
"Wo keine durch sie (die Herrschenden - Anmerkung des Verfassers) gesetzten Monopole bestehen, da besteht der friedliche Wettbewerb ungestört. Und da besteht das Verhältnis der Genossenschaft unverändert fort: die Menschen tauschen im Grunde nur Dienste, selbst wenn sie Güter gegen Güter und Güter gegen Dienste tauschen. Denn in der »reinen Ökonomie«, in der keine Monopole bestehen, stellen die Güter ihrem Werte nach - und das ist das einzige, was in Betracht kommt - auf die Dauer und im Durchschnitt (in der »Statik«) durchaus nichts anderes dar als Energieaufwände von bestimmter Dauer und Qualifikation; und solche Energieaufwände heißen eben: Dienste. Hier besteht volle Äquivalenz, d. h. Gerechtigkeit. Wo aber Monopole bestehen, da enthält der Wert der Güter noch einen zweiten Bestandteil: den des Tributs an die gesellschaftliche »Machtposition«, die das Monopol darstellt, und da tauschen sich die Güter der Oberklasse nicht äquivalent gegen die Dienste der Unterklasse, sondern unter Verletzung der gerechten Äquivalenz: Ausbeutung, Wucher; die Waage des Marktes ist gefälscht! Die Gewichte sind richtig, aber die Waagschalen hängen an verschieden langen Armen, die der Oberklasse am langen, die der Unterklasse am kurzen."[46]
Die Erreichung eines friedlichen Zukunftsstaates "der Freien und der Gleichen" mit allseitig ausgeglichenen Interessen und krisenfreier Wirtschaft![47] hängt für Oppenheimer primär an der Beseitigung verzerrender Monopole. Per Demokratisierung der Staatsverwaltung, Maßnahmen der Besteuerung und vor allem genossenschaftlich organisierter Konkurrenz meinte er, die Monopole und die damit einhergehenden Herrschaftsverhältnisse abschmelzen zu können.[48] "Kapitalismus muß definiert werden als eine Gesellschaft, in der die Erzeugnisse ausgebeuteter Arbeiter auf einem geldwirtschaftlich entfalteten Markte verwertet werden."[49] Wogegen: "Freie Konkurrenz besteht nach der unbestrittenen Definition der Wissenschaft - die glückliche Fassung stammt von Adolf Wagner - dort, wo jedermann sich an einer Güterproduktion beteiligen kann und darf, der es will. Ist eine dieser Bedingungen [S. 11] nicht gegeben, so besteht eben keine freie Konkurrenz, sondern ein Monopol, und zwar ein »natürliches« im ersten, ein »rechtliches« im zweiten Falle."[50]
Gelingt es, eine Gesellschaftsordnung zu errichten, »in der jeder sich an der Güterproduktion beteiligen kann und darf, der es will«, herrscht also ein Zustand der Vollbeschäftigung bei weitgehender Selbständigkeit und einem Unterangebot »freier« Arbeitskräfte, entfällt auf marktwirtschaftliche Weise jede Chance, Minderwert zu zahlen und Mehrwert zu erwirtschaften. Der Genossenschaft käme somit die Aufgabe zu, das ausbeutungsfreie (Ertrags-)Verhältnis herstellen zu können und als attraktivere Alternative per Konkurrenz die monopolistischen Bedingungen der jeweiligen Ausbeuter zu untergraben. "A. Smith hatte noch keinen Zweifel daran, daß die zivilisierten Völker fähig seien, im Sozialismus zu leben: denn das Zukunftsbild, welches er entwirft, die Gesellschaft mit sehr weitgehender Ausgleichung der Einkommen und der »Harmonie aller Interessen«, ist der soziale Staat."[51] Oppenheimers Abgrenzung gegenüber den kommunistischen Bestrebungen mag diesen Sozialismus-Begriff näher erläutern: "Das ist der Kommunismus: Das Gedankenbild einer Wirtschaftsordnung ohne Markt und Konkurrenz. Seine einzige logische Begründung ist, daß er das photographische Negativ des Kapitalismus ist, wie er sich in den Gehirnen der Zeitgenossen darstellt; weil man diesen seiner quinta essentia (seinem Wesen - Anmerkung des Verfassers) nach für die Verwirklichung der freien Konkurrenz hält: aus diesem, aus durchaus weiter keinem anderen Grunde will man den Kommunismus, als eine von diesen Mächten des Fluches essentiell freie, sozusagen erlöste Maschinerie der Volkswirtschaft. Daraus folgt jeder weitere Zug der Konstruktion von selbst: die Gütererzeugung und Güterverteilung »durch und für die Gesellschaft«, die Abschaffung des Geldes als Wertmesser und Tauschmittel, die Konfiskation (Enteignung - Anmerkung des Verfassers) der Vermögen usw. Und nun ist das Tolle dabei, daß die ganze Grundvoraussetzung falsch ist. (...) Es hat noch niemals, soweit wir die Weltgeschichte verfolgen, freie Konkurrenz gegeben![52]
Als überzeugter Sozialist und Wettbewerbstheoretiker hat er vielleicht als einziger, weit vor seiner Zeit, die Smithsche Utopie eines liberalen Sozialstaates zu Ende gedacht. Überzeugt von dem Irrweg des Kommunismus schrieb er 1931: "Bisher hat nur der Sporn des Wettbewerbs die Menschen zum vollen Einsatz ihrer Kraft bewegen können; alle kommunistischen Versuche der Vergangenheit sind an der unzureichenden Arbeitsleistung gescheitert, und auch der gigantische Versuch der Sowjets wird daran scheitern."[53] Und als überzeugter Antikapitalist verkündete er bereits 1896 und begründete dies nachfolgend vielfach: "Die radikale, politische Emanzipation der Massen ohne ihre gleichzeitige wirtschaftliche Emanzipation [S. 12] kann nur zur Zertrümmerung der großen Menschengemeinschaften führen. Uneingeschränkte politische Rechte in der Hand wirtschaftlich und darum geistig unfreier Menschen sind Brandfackeln in den Händen der »ewig Blinden«."[54] Hat er nicht, entgegen seinen "klassenbewußten" Rivalen, in allen Punkten schmerzlich Recht behalten?
IV. Aktualitätund Umsetzung
Ein Haupthindernis der Auseinandersetzung mit Oppenheimer, die kommunistische Doktrin, ist gefallen. Die Träume sind dahin, die Wirtschaften liegen darnieder, die Märkte sind zertört. Werden diese Länder nun alle Phasen des Frühkapitalismus durchlaufen müssen, der in nahezu allen Industrienationen wütete, bevor sich die gesellschaftlichen Arrangements perfektionierten? Europaweit setzen sich aus wirtschaftlich schlecht entwickelten und damit zumeist auch politisch instabilen Regionen Menschen in Bewegung. Ihr berechtigtes Bestreben nach einer Existenz in Würde ruft nationale Abwehrmaßnahmen hervor, aber ein Konzept, das ihnen in überschaubaren Zeiträumen Lebensqualität in ihrer Heimat böte, existiert nicht. Man könnte hier Seiten füllen mit Fragen, darunter auch zahlreiche, die rein nationale Krisenherde darstellen. Sie alle sind verbunden mit der Frage nach Formen möglicher Selbsthilfe und freier genossenschaftlicher Vereinigung zum Zwecke der Verwirklichung von Lebenszielen statt von Kapitalerträgen oder Herrschaftszielen. Die Frage nach der Möglichkeit von Genossenschaft ist, so meine Überzeugung, gleich der Frage nach Gestaltbarkeit von Zukunft. Abschließend soll daher erörtert werden, welche Vorschläge Oppenheimer für eine konkrete Umsetzung einbrachte.
Die meisten Genossenschaftsgründungen fallen in Zeiten größter wirtschaftlicher und politischer Verworrenheit, entstehen also aus akuter Not und ohne jede Vorbereitung. "Nur ganz selten trat eine Anzahl ruhiger Männer zusammen, um nach einem wohlerwogenen Plane unter genauer Kenntnis der Vorbedingungen ein Geschäft zu begründen, das zur Blüte zu bringen ihr erstes Ziel ist."[55] Jedes gewöhnliche Unternehmen wird in der Regel Zug um Zug vorbereitet und greift auf langfristig anderenorts vorgebildetes Personal zurück. Ausbildung, Vorbereitung und Umsetzung fallen gewöhnlich zeitlich auseinander und werden nacheinander organisiert. In den akuten Notlagen, in denen die bestehenden Unternehmen versagen oder überfordert sind, um die ökonomischen Belange der Gesellschaftsmitglieder hinreichend zu erfüllen und die Menschen deswegen auf ihre eigene Kraft zurückgreifen müssen, stehen die jungen Selbsthilfeprojekte nicht nur auf den üblichen "wackeligen Beinen", sondern müssen parallel dazu auch noch jenes Grundlagenwissen organisieren, das unter normalen Umständen in Ruhe vorher organisiert wird. Entsprechend häufig scheitern solche Projekte nicht an einem Mangel der eigentlichen Arbeitsproduktivität, sondern an "mangelhafter [S. 13] Buchführung", "falschem Investitionsverhalten", "fehlender Absatzkreditsicherung" etc.[56] Logisch gibt es aus diesem Dilemma nur zwei Wege. Der eine ist, daß sich einige Privatleute zusammenfinden, die ihre Ausbildung auf lange Sicht darauf organisieren, klug und nach Plan vorzugehen. Dies ist geschehen in Mondragón (Spanien), als 1955 fünf sozial-christlich motivierte Jugendfreunde zusammenfanden und die erste Zelle jenes Komplexes gründeten, der 1984 immerhin 95 industrielle Produktivgenossenschaften umfaßte.[57]
Dies ist ebenfalls geschehen, als Franz Oppenheimer den ersten Plan zur Besiedelung Israels entwarf und diesen völlig konsequent darauf aufbaute, die kommenden Siedler nicht zu überfordern, sondern zunächst angeleitet produktiv einzusetzen und parallel die notwendige Ausbildung für eine nachfolgende Selbständigkeit zu organisieren.[58] In beiden Fällen hat sich dieser Prozeß dadurch stabilisiert, daß entsprechende Hilfestellungen gezielt gegeben wurden, bis Selbständigkeit möglich war. Dies sind Beispiele für gelungene Privatinitiativen von großer Auswirkung. Mit Siedlungsprojekten innerhalb Deutschlands hat Oppenheimer nach gleichem "Strickmuster" weitere glänzend gelungene Projekte hinzugefügt, die erst durch Gewalt während der NS-Zeit wieder gestoppt wurden.[59]
Der prinzipiell andere Weg bestünde darin, die Konzeption gemein(wirt)schaftlicher Selbsthilfe staatlicherseits als einen konstruktiven Problemlösungsmechanismus zu begreifen und gerade unter dem Aspekt einer funktionierenden Marktwirtschaft deren Wandlungsfähigkeit abzusichern, indem die situativen Defizite dieser zumeist kurzfristig benötigten Handlungsform neutralisiert werden. Wollte man solche Hilfestellungen geben, müßten entsprechende Institute und Einrichtungen angelegt werden, die ähnlich wie "Rotes Kreuz" oder andere Gesellschaften als Satzungsziel eine "Krisenregulierung durch Selbsthilfequalifizierung" verfolgen, also unkonventionell "Ausbildungskapazitäten" in Verbindung setzen mit der in Notzeiten immer überdurchschnittlich vorhandenen "Einsatzbereitschaft der Betroffenen". Ob sich diese "Not" rein intellektuell oder emotional definiert, oder ob sie handfest ökonomisch oder sozialpolitisch begründet ist, muß uns in diesem Zusammenhang nicht weiter interessieren. Solange ermöglicht wird, daß sich, gleich welches Unbehagen, durch Arbeit daran etwas ändern läßt - Einsatzbereitschaft also demokratisches Stimmrecht wird - läßt sich Ohnmacht und Wut konfliktreduzierend in Befreiung und Versuch wandeln.
[S. 14] Vorschläge und Beschlüsse in Richtung der "Institut-Konzeption" gibt es schon länger.[60] Sie wurden in den vergangenen Jahren häufig abgelehnt, aus welchen Gründen auch immer. Eigene Vorstellungen für ein Betriebsübernahme- und Betriebsneugründungskonzept darf ich hier exemplarisch vorstellen.[61] "Im Kern stehen fachlich qualifizierte Arbeitnehmer, die zugleich als Ideenträger fungieren. Eine erste Annahme ist, daß die fachliche Nähe zum Gegenstand gute Chancen für Produktideen bringt. Zweitens wird angenommen, daß keine hinreichende Erfahrung mit typischen Aufgaben einer Unternehmensführung vorliegt. Darum brauchen die Gründer auf Arbeitnehmerseite vorübergehend die Unterstützung durch Fachkräfte, die in Angelegenheiten des höheren Managements ausgebildet und erfahren sind. Dazu würden z.B. Marktanalysen gehören, eine Begleitung in rechtlichen Angelegenheiten und Übernahme der Gründungsformalitäten, die Errechnung von Kostendeckungsbeiträgen und der Aufbau einer geregelten Buchführung, psychologische Beratung bei gruppendynamischen Konflikten etc. Bei diesem Konzept soll die Leitung des Unternehmens durch einen »Chef« vermieden werden. Statt dessen fällt der Belegschaft die Aufgabe zu, Personen demokratisch zu wählen und abwählen zu können, die die fachlichen Aufgaben des »Chefs« übernehmen, sich jedoch nicht als »Chefs«, sondern als »Angestellte der Belegschaft mit Weisungsrecht« verstehen. In einem fortgeschittenen Stadium sollten diese Tätigkeiten unbedingt von Personen aus der Mitte der Belegschaft übernommen werden. Solange dies jedoch aus der Sicht der Belegschaft nicht möglich erscheint, sollten Fachkräfte hinzugezogen werden können, die wiederum nicht direkt auf dem Arbeitsmarkt gesucht, sondern über ein Institut vermittelt werden, das auf Fälle dieser Art der Hilfestellung spezialisiert ist. Auf diesem Wege ließe sich eine Aufbauarbeit der Fachkräfte, ähnlich derjenigen von Entwicklungshelfern, garantieren mit dem Ziel, sich so bald wie möglich aus dem Unternehmen zurückzuziehen. Ferner ergäbe sich in einem Institut dieser Art die Möglichkeit interdisziplinärer Teamarbeit und des Erfahrungsaustausches über Gruppensitzungen, so daß Fehler vermindert werden könnten und zudem eine weitere Kontrollinstanz vorhanden wäre, welche die Belegschaft darin unterstützt, den Aufbau von Machtpositionen durch die gewählten Fachkräfte zu verhindern.
[S. 15] Parallel zu dieser organisierten Fremdleistung müßte ein Weiterbildungssystem eingerichtet werden, mit dessen Hilfe die Belegschaft das nötige Wissen sammeln kann. Ziel wäre, einer möglichst großen Gruppe von Personen die Fähigkeit zu vermitteln, betriebliche Angelegenheiten effektiv regeln zu können. Welche Person welche Position besetzt, sollte von Anbeginn in demokratischer Abstimmung bestimmt werden. Ein Höchstmaß an Demokratie dürfte um so wahrscheinlicher sein, je mehr Personen potentiell fähig sind, eine Aufgabe zu erfüllen und somit sich zur Wahl stellen können. Was in der Anfangsphase von staatlich finanzierten Instituten geleistet werden soll, könnte später von einem Verband weitergeführt werden, in dem sich netzwerkartig Softwarefirmen, Steuerbüros, Vertriebsagenturen, Weiterbildungsberater, Therapeuten etc. zusammenschließen. Sie müßten als Mitglieder dieses Interessenverbandes die Formen selbstverwalteter Betriebe stützen und vor allem auch als Idee tragen. Bevor solche Modelle Praxis werden können, sind zunächst in kleinerem Rahmen Erfahrungen zu sammeln. Hierzu regen wir »Experimentalstudien« an, die in dieser Vorphase nicht auf die von Arbeitnehmern ausgehende Initiative zurückgreifen, sondern von der Wissenschaft initiierte Praxisexperimente darstellen. In ihnen sollten zunächst alle Erfahrungen und Theorien in einem Modellentwurf gebündelt sein, der anschließend erprobt wird. (...) Wie auch immer die Probe ausgehen mag, auf diese Weise könnten Theorie und Praxis Verbindungen eingehen, die beide Seiten mit Blick auf die Ausarbeitung realisierbarer Betriebsübernahme- bzw. Neugründungskonzepte bereichern."
In den fünf neuen Bundesländer treffen die dort reichlich vorhandenen Produktivgenossenschaften nun auf eine historisch gewordene West-Praxis, die mit dieser Wirtschaftsform nicht umzugehen gelernt hat.[62] Soweit die Aktionsrechte in West-Händen liegen, reagieren die Akteure vorzugsweise mit dem Versuch, Unbekanntes in Bekanntes zu brechen, Produktivgenossenschaften etwa in GmbHs oder andere Gesellschaftsformen zu wandeln.[63] Es wird also nicht nur vielfach die Chance vertan, Ost-Unternehmen zu stabilisieren (indem man diese nicht an ihre natürlichen Konkurrenten verkauft und der "Marktbereinigung durch Schließung"[64] aussetzt, sondern als Belegschaftsbetriebe mit Managementunterstützung stabilisiert), sondern bewährte Strukturen werden darüber hinausgehend zerstört. Wenn es in der [S. 16] Praxis auch sehr schwierig sein mag, Produktivgenossenschaften oder Belegschaftsbetriebe zu stabilisieren, so bedeutet dies doch nicht, daß diese Unternehmensform in bestimmten Situationen oder Bedürfnislagen nicht angemessen ist oder gar unmöglich wäre. Dies mit Hinweisen auf Oppenheimers "Transformationsgesetz" anders zu behaupten bedeutet, Oppenheimers Intentionen völlig zu verkehren und losgelöst von den angeführten Randbedingungen, Diskussionen und Begriffsinhalten, Textpassagen unverstanden zu verwenden, um damit sozialpolitische Anti-Standards zu legitimieren.
Fußnoten
- [1]
- Es handelt sich um die erste ordentliche Soziologie-Professur, die in Deutschland überhaupt vergeben wurde und auf die nach Oppenheimers Emeritierung Karl Mannheim folgte.
- [2]
- Vgl. Franz Oppenheimer, Die Siedlungsgenossenschaft, Versuch einer positiven Überwindung des Kommunismus durch Lösung des Genossenschaftsproblems und der Agrarfrage, Leipzig 1896, 2. Aufl., 1913, 3. Aufl.1922)
- [3]
- Eine positive Ausnahme ist der Beitrag von Klaus Novy, Aktualität und Inaktualität Franz Oppenheimers, Zur bevorstehenden Renaissance der Genossenschaftstheorie, in: Archiv für öffentliche und freigemeinnützige Unternehmen, Nr. 12, 1980, S. 249-261. Inhaltlich nicht empfehlen läßt sich hingegen Dieter Haselbach, Franz Oppenheimer, Soziologie, Geschichtsphilosophie und Politik des "liberalen Sozialismus", Opladen 1985.
- [4]
- Studiert man die Beiträge zur betriebswirtschaftlichen Insolvenzforschung, so tauchen dort mit vergleichbarer Heftigkeit Finanzierungsfehler, Führungsfehler und fehlerhafte Markteinschätzungen als Hauptinsolvenzursachen bei allen im Wettbewerb stehenden Privatunternehmen auf. Die These, daß Genossenschaften nun besonders unfähig seien, diese Herausforderungen zu bewältigen, kann m. E. fair und logisch haltbar nur durch eine vergleichende Forschung belegt werden, die alle Vor- und Nachteile beider Unternehmensformen gegeneinander in Rechnung stellt. Berücksichtigt man bei einer geistigen Vorwegnahme solch einer Untersuchung die japanische Literatur zum Personalmanagement mit ihrer Gruppenorientierung, die Literatur zur Eigenkapitalbildung in Unternehmen durch Mitarbeiterbeteiligung und den historischen Umstand, daß alternative Produkte und Produktionsweisen durchaus positiv im Trend liegen, dann gibt es meines Erachtens gute Gründe zu bezweifeln, daß sich die vorgetragene Negativ-These eindeutig nachweisen ließe.
- [5]
- Vgl. Hans G. Nutzinger, Die Überlebensfähigkeit von Produktivgenossenschaften und selbstverwalteten Betrieben, in: Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen, Beiheft 10, 1988, S.35-58.
- [6]
- Vgl. Ludwig Oppenheimer in: Franz Oppenheimer, Erlebtes, Erstrebtes, Erreichtes, im Original erschienen 1931, neu herausgegeben und erweitert von Ludwig Oppenheimer, Düsseldorf 1964, S. 266.
- [7]
- Vgl. Kuno Bludau, Nationalsozialismus und Genossenschaften, Hannover 1968.
- [8]
- Vgl. Franz Oppenheimer, Großgrundeigentum und soziale Frage, Versuch einer neuen Grundlegung der Gesellschaftswissenschaft, Berlin 1898.
- [9]
- Vgl. Franz Oppenheimer, Die Siedlungsgenossenschaft, a.a.O., S. 221 und S. 250 f.
- [10]
- Vgl. ebenda, S. 254.
- [11]
- Vgl. Franz Oppenheimer, Die Theorie der Klassenentstehung, in: Soziologische Streifzüge, München 1927, S. 73-79, hier: S. 77.
- [12]
- Für Wuppertal (Geburtsstadt von Friedrich Engels und Metropole der frühindustriellen Tuchindustrie) dokumentiert das Museum für Frühindustrialisierung folgende Statistik des Jahres 1861: 78,5 % Proletarier, 11,1 % Proletaroide, 4,3 % Handwerker, 2,5 % Angestellte, 1,4 % Kapitalisten.
- [13]
- Franz Oppenheimer, Großgrundeigentum und soziale Frage, a.a.O., S. 7.
- [14]
- Ebenda, S. 46.
- [15]
- Franz Oppenheimer, Die Siedlungsgenossenschaft, a.a.O., S. 222, Oppenheimers Quelle: v. d. Goltz, Die ländliche Arbeiterfrage und ihre Lösung, Danzig 1874.
- [16]
- Vgl. ebenda, S. 254 f.
- [17]
- Franz Oppenheimer, Erlebtes, Erstrebtes, Erreichtes, a.a.O., S. 93.
- [18]
- Franz Oppenheimer, Die Siedlungsgenossenschaft, 2. Aufl., a.a.O., Seite V.
- [19]
- Franz Oppenheimer, Die Siedlungsgenossenschaft, 1. Aufl., a.a.O., Seite IV f.
- [20]
- Vgl. Franz Oppenheimer, Erlebtes, Erstrebtes, Erreichtes, a.a.O., S. 269 (Japan); S. 151 (andere Länder).
- [21]
- Vgl. Franz Oppenheimer, Die Siedlungsgenossenschaft, a.a.O., S. 362 ff.
- [22]
- Franz Oppenheimer, Der Ausweg, Notfragen der Zeit, Berlin 1919, S. 6.
- [23]
- Franz Oppenheimer, Erlebtes, Erstrebtes, Erreichtes, a.a.O., S. 54 f., ebenso derselbe, Die Siedlungsgenossenschaft, a.a.O., S. 45.
- [24]
- Franz Oppenheimer, Die Siedlungsgenossenschaft, a.a.O., S. 126.
- [25]
- Franz Oppenheimer, Großgrundeigentum und soziale Frage, a.a.O., S. 453.
- [26]
- Ebenda, S. 452.
- [27]
- Eine Zusammenfassung der damaligen Diskussion findet man in Franz Oppenheimer, Die Siedlungsgenossenschaft, a.a.O., S. 118. Ebenso grundlegend klärend ist Hans Fuchs, Der Begriff der Produktivgenossenschaft und ihre Ideologie, Diss., Köln 1927.
- [28]
- Franz Oppenheimer, Großgrundeigentum und soziale Frage, a.a.O., S.452 f. Die angeführten Selbstzitate Oppenheimers entstammen Franz Oppenheimer, Die Siedlungsgenossenschaft, a.a.O., S. 145 ff.
- [29]
- Man beachte den Umstand, daß Oppenheimer keine Möglichkeit sieht, mit einer noch so edlen Gesinnung oder noch so ausgefeilten Managementtechnik zu verhindern, daß eine offene Produktivgenossenschaft in eine geschlossene transformiert und ihren Vorteil gegen den Rest der Menschheit verteidigen muß.
- [30]
- Franz Oppenheimer, Großgrundeigentum und soziale Frage, a.a.O., S. 451 f.
- [31]
- Vgl. Definition von Franz Oppenheimer, Die Siedlungsgenossenschaft, a.a.O., S. 110, sowie das Beispiel der Vereinsparkettfabrik Dresden auf S. 81.
- [32]
- Rudolf Walder, Anton Zottmann, Wesen und praktische Bedeutung der Produktivgenossenschaften, Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel, 1946.
- [33]
- Heute kontrastiert der Passus "Gesellschaft von nicht geschlossener Mitgliederzahl" lediglich die Rechtsform der OHG und KG, bei der ein Ausscheiden von natürlichen Personen automatisch die Auflösung der juristischen Person "Unternehmung" nach sich ziehen kann. Die Genossenschaft kann demgegenüber selbst bei Wechsel ihrer Mitglieder fortbestehen, solange der Zahl nach sieben Personen als Mitglieder eingetragen sind. Die Genossenschaft ist also "offen" im Sinne des unbeschränkt möglichen Aus und Ein. "Grundsätzlich besteht (jedoch) kein Anspruch auf Aufnahme..." Vgl. Kommentierung von Egon Metz, in: Genossenschaftsgesetz, hrsg. von Johann Lang und Ludwig Weidmüller, 32. Aufl., Berlin 1988, S. 62 f.
- [34]
- »Der Rest bleibt gleich«, also unter ansonsten gleichen Randbedingungen.
- [35]
- Franz Oppenheimer, Die Siedlungsgenossenschaft, a.a.O., S. 55.
- [36]
- Vgl. Otto von Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht, 1.Teil, Rechtsgeschichte der deutschen Genossenschaft, Berlin 1868.
- [37]
- Franz Oppenheimer, Die psychologische Wurzel von Sittlichkeit und Recht, Kieler Vorträge, Heft 1, Jena 1921, S. 7.
- [38]
- Ebenda, S.12.
- [39]
- Franz Oppenheimer, System der Soziologie, Band I, Allgemeine Soziologie, Teil 1, Grundlegung, Stuttgart 1964 (Neuauflage von Jena 1922), S. 367.
- [40]
- Vgl. zusammenfassend ebenda, S. XVIII.
- [41]
- Vgl. Franz Oppenheimer, Kapitalismus - Kommunismus - Wissenschaftlicher Sozialismus, Berlin und Leipzig 1919, S. 192.
- [42]
- Franz Oppenheimer, System der Soziologie, Bd. I/1, a.a.O., S. 369.
- [43]
- Ebenda, S. 374 f.
- [44]
- Ebenda, S. 368.
- [45]
- Ebenda, S. 375.
- [46]
- Ebenda, S. 372.
- [47]
- Ein Exkurs dazu würde hier den Rahmen sprengen. Man lese z.B. zur Modifikation des Sayschen Theorems Franz Oppenheimer, Normalität und Krise, in: Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie, Bd.V, 1911/1912, S. 144-159. Zur Harmonie des Gütermarktes in einer Genossenschaftswirtschaft Franz Oppenheimer, Die soziale Frage und der Sozialismus, Eine kritische Auseinandersetzung mit der marxistischen Theorie, Jena 1919, S. 183-187.
- [48]
- Vgl. Franz Oppenheimer, Kapitalismus - Kommunismus - Wissenschaftlicher Sozialismus, a.a.O., S. 193-218.
- [49]
- Franz Oppenheimer, Erlebtes, Erstrebtes, Erreichtes, a.a.O., S. 149 f.
- [50]
- Franz Oppenheimer, Die logische Abkunft des Kommunismus, in: Soziologische Streifzüge, München 1927, S. 80-88, hier: S. 86.
- [51]
- Franz Oppenheimer, Großgrundeigentum und soziale Frage, a.a.O., S. 191.
- [52]
- Franz Oppenheimer: Die logische Abkunft des Kommunismus, a.a.O, S. 86. Eine hochwissenschaftliche Darlegung der philosophischen Wurzeln bürgerlicher und antibürgerlicher Ideologie gibt Oppenheimer in "Pseudoprobleme der Wirtschaftspolitik", erschienen in: Die Wirtschaftswissenschaft nach dem Kriege, Bd. 1, München 1925, S. 322-347 (katalogisiert unter dem Titel).
- [53]
- Franz Oppenheimer, Erlebtes, Erstrebtes, Erreichtes, a.a.O., S. 151.
- [54]
- Franz Oppenheimer, Die Siedlungsgenossenschaft, a.a.O., S. 627 f.
- [55]
- Ebenda, S. 60.
- [56]
- Vgl. ebenda, S. 59 f.
- [57]
- Vgl. Robert Stephen Milbrath, Institutional Development and Capital Accumulation in a Complex of Basque Worker Cooperatives. Dissertation, University of Michigan 1986. 1941 wurde der Priester Don Jose Maria Arizmendi-Arrieta in die Region von Mondragón versetzt und begann 1943 nach dem Motto "Wissen ist Macht" mit der Ausbildung von Jugendlichen (S. 34). Daraus gingen jene fünf Gründungsmitglieder hervor, die 1955 mit "Ulgor" die erste Zelle des Komplexes gründeten (S. 48), in dem 1984 rund 20.000 Menschen eine Beschäftigung fanden (S. 16).
- [58]
- Vgl. Franz Oppenheimer, Der Aufbau einer jüdischen Genossenschaftssiedlung in Palästina, Rede, gehalten auf dem VI. Zionisten-Kongreß in Basel (1903), abgedruckt in der Neuauflage von Franz Oppenheimer, Erlebtes, Erstrebtes, Erreichtes, 1964, S. 281-296.
- [59]
- Über die 1931 bestehenden Projekte berichtet Oppenheimer in Erlebtes, Erstrebtes, Erreichtes, a.a.O., S. 160-178. Deren Liquidation erwähnt sein Sohn Ludwig in der Neuauflage von 1964, S. 267.
- [60]
- Vgl. Dieter Otten, Die Aktualität der Genossenschaftsidee für die Bewältigung der dritten industriellen Revolution, in: Die Neue Gesellschaft, 31.Jg., Heft 7, 1984, S. 1126-1131, hier S.1130. Klaus Novy, Ideenskizze zu einem Institutsprojekt, Mutal, Institut für Selbsthilfe, Selbstverwaltungsökonomie und neugenossenschaftliche Ansätze, Gründer- und Transferzentrum, in: Arbeitskreis für Kooperation und Partizipation e.V. (Hg.), Das Zentrum für Kooperation und Partizipation, Baden-Baden 1987, S.129-134. Wolfgang Beywl und Klaus Novy, Zentrum für Selbstorganisation, Partizipation und Kooperation, Vorschlag für ein Institutsprojekt in NRW, Unveröffentlichtes Papier, 1989 (Überarbeitung von Novy 1987).
- [61]
- Ich wiederhole hiermit einen unkommentiert verhallten Gedanken, dem ein ebenso unkommentiert verhallter Unterstützungsantrag folgte. In: Wieland Jäger, Hans-Werner Jablonski, Werner Kruck, Uwe Schuchhardt, Unternehmenskultur und Selbstverwaltung, (unveröffentlichte) Literaturstudie im Auftrag des Ministers für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie des Landes NRW, Fernuniversität Hagen, März 1989, S. 108-110.
- [62]
- Vgl. hierzu z.B. Rolf Steding, Genossenschaftsgesetz und Produktivgenossenschaften, in: Neue Justiz, 45. Jg., Heft 7, 1991, S. 293-295, ähnlich Burghard Flieger, Produktivgenossenschaften des Handwerks (PGHs) in der Zwickmühle, Auflösen, Umwandeln oder Neugründen - das ist die Frage? In: Rundbrief Alternative Ökonomie, Heft 1, 1991, S. 7-10.
- [63]
- Vgl. die laufenden Berichte in procoop, Verbandszeitung der Produktivgenossenschaften. Exemplarisch Heft Nr. 6, 1991 (Bezugsquelle: VDP, Kurt-Weill-Str.31, O-4500 Dessau).
- [64]
- Vgl. eine kürzlich erschienene Studie des Hamburger Wirtschaftsforschungsinstituts HWWA, auf die in den VDI-Nachrichten, Nr. 48 vom 29.11.1991 hingewiesen wird. Danach wird die Rolle der Treuhand-Westmanager mit der von "Doppelagenten" verglichen, die wenig Interesse daran hätten, Ostunternehmen zu potenten Wettbewerbern ihrer "Heimatfirmen" werden zu lassen und daher viel wahrscheinlicher sei, daß sie eine Übernahme durch Unternehmen unterstützen oder "sogar eine Liquidation der Veräußerung an Dritte vorziehen".