I. Die Entstehung des Staates

[S. 18] Eine einzige Kraft treibt alles Leben, eine einzige Kraft hat es emporentwickelt von der Einzelle, dem im warmen Ozean der Urzeit treibenden Eiweißklümpchen, bis zum Wirbeltier, bis zum Menschen: der Trieb der »Lebensfürsorge« (Lippert), gegabelt in »Hunger und Liebe«. Von da an tritt die »Philosophie« mit in das Kräftespiel ein, das Kausalbedürfnis des Aufrechtschreitenden, um fortan mit »Hunger und Liebe den Bau der Menschenwelt zusammenzuhalten«. Freilich ist die Philosophie, die »Vorstellung« Schopenhauers, in der Wurzel auch nichts anderes als ein Geschöpf der Lebensfürsorge, die er den »Willen« nennt; sie ist ein Organ der Orientierung in der Welt, eine Waffe im Kampfe ums Dasein. Aber dennoch werden wir das Kausalbedürfnis als eine selbständige Kraft des gesellschaftlichen Geschehens kennen lernen, als Mitbildner am soziologischen Entwicklungsgange. Zuerst, und auf der Anfangsstufe der menschlichen Gesellschaft mit ungeheurer Kraft, wirkt sich dieser Trieb in den oft so bizarren Vorstellungen der »Superstition« aus, die auf Grund völlig logischer Schlüsse aus unvollkommenen Beobachtungen Luft und Wasser, Erde und Feuer, Tiere und Pflanzen mit einem Heere gütiger oder ungnädiger Geister erfüllt glaubt; erst sehr spät, erst in der hellen Neuzeit, die nur wenige Völker erreichen, entsteht die jüngere Tochter des Kausaltriebes, die Wissenschaft, als das logische Ergebnis aus vollkommenerer Beobachtung der Tatsachen; die Wissenschaft, der nun die Aufgabe zufällt, die breit eingewurzelte, mit unzähligen Fäden in der menschlichen Gesamtpsyche verwurzelte Superstition auszurotten.

Als Schöpfung dieser drei aus dem Urtriebe der Lebensfürsorge erwachsenen menschlichen Haupttriebe: dem der Selbsterhaltung, dem der Arterhaltung, und dem Kausalbedürfnis, entsteht die Gesellschaft und in ihr ein neuer, allbeherrschender tertiärer Trieb, der eigentliche Motor allen sozialen Geschehens: der Trieb nach sozialer Hochgeltung und womöglich Höchstgeltung.

Dieser Trieb, den schon die Ilias nennt, das kann sich in seltenen Fällen, namentlich auf höherer Stufe der Gesellschaft, unmittelbar befriedigen: durch Leistungen der Wissenschaft, der Kunst, der Bürgertugend, [S. 19] auch der körperlichen Tüchtigkeit im Wettkampf. Aber in der Regel kann der Trieb sein Endziel nicht erreichen, ohne sich vorher eines bestimmten Zwischenzieles bemächtigt zu haben - und dieses Zwischenziel ist - Reichtum, denn Reichtum verleiht Macht oder vielmehr: ist Macht: das Wort bedeutet von jeher Verfügung über Menschen, während Wohlstand Verfügung über Sachen bedeutet.

Aus diesem Grunde fast allein strebt der vergesellschaftete Mensch nach Reichtum. Fast allein: denn selbstverständlich kann er auch »Hunger und Liebe«, und sogar sein Kausalbedürfnis reichlicher und mit edleren Mitteln sättigen, wenn er reich ist. Aber es ist eine den Menschen demütigende und verleumdende Auffassung, wenn man glaubt, sein Endziel sei der Erwerb von Gütern zu üppigem Genuß. Er ist nur ein Zwischenziel, nur Mittel zu dem eigentlichen, zu dem viel edleren Endziel, zur sozialen Hochgeltung.

Aber freilich, das Zwischenziel ist er, und das besagt, daß fast alle Politik und fast alle Wirtschaft zunächst auf den Gütererwerb hinläuft, etwa wie viele Eisenbahnlinien auf einen großen Knotenpunkt. Und darum kann eine soziologische (und das bedeutet eine sozialpsychologische!) Betrachtung der Geschichte nicht wohl anders vorgehen, als daß sie sich vorläufig der ökonomischen Geschichtsauffassung bedient, d.h., daß sie die Methoden des Gütererwerbs in ihrer allmählichen Entfaltung verfolgt. Sie darf dabei nur nicht vergessen, daß es sich lediglich um Mittel, nicht aber um das Endziel handelt.

a) Politisches und ökonomisches Mittel

Es gibt zwei grundsätzlich entgegengesetzte Mittel, mit denen der überall durch den gleichen Trieb der Lebensfürsorge in Bewegung gesetzte Mensch die nötigen Befriedigungsmittel erlangen kann: Arbeit und Raub, eigne Arbeit und gewaltsame Aneignung fremder Arbeit. »Raub! Gewaltsame Aneignung!« Uns Zeitgenossen einer entwickelten, gerade auf der Unverletzlichkeit des Eigentums aufgebauten Kultur klingen beide Worte nach Verbrechen und Zuchthaus; und wir werden diese Klangfarbe auch dann nicht los, wenn wir uns davon überzeugen, daß Land- und Seeraub unter primitiven Lebensverhältnissen [S. 20] geradeso wie das Kriegshandwerk - das ja sehr lange auch nur organisierter Massenraub ist - die weitaus angesehensten Gewerbe darstellen. Ich habe aus diesem Grunde und auch deshalb, um für die weitere Untersuchung kurze, klare, scharf gegeneinander klingende Termini für diesen sehr wichtigen Gegensatz zu haben, vorgeschlagen, die eigne Arbeit und den äquivalenten Tausch eigner gegen fremde Arbeit das »ökonomische Mittel«, und die unentgoltene Aneignung fremder Arbeit das »politische Mittel« der Bedürfnisbefriedigung zu nennen.

Das ist nicht etwa ein neuer Gedanke: von jeher haben die Geschichtsphilosophen den Gegensatz empfunden und zu formulieren versucht. Aber keine dieser Formeln zeigt den Gedanken völlig zu Ende durchgedacht. Nirgend kommt es klar zur Erkenntnis und Darstellung, daß der Gegensatz nur in den Mitteln besteht, mit denen der gleiche Zweck, der Erwerb ökonomischer Genußgüter, erreicht werden soll. Und gerade darauf kommt es an. Man kann es an einem Denker vom Range Karl Marx' beobachten, zu welcher Verwirrung es führen muß, wenn man ökonomischen Zweck und ökonomisches Mittel nicht streng auseinanderhält. Alle Irrtümer, die die großartige Theorie zuletzt so weit von der Wahrheit abführten, wurzeln im tiefsten in jenem Mangel an scharfer Unterscheidung zwischen Zweck und Mittel der ökonomischen Bedürfnisbefriedigung, der ihn dazu führte, die Sklaverei als eine »ökonomische Kategorie« und die Gewalt als eine »ökonomische Potenz« zu bezeichnen: Halbwahrheiten, die gefährlicher sind als Ganzunwahrheiten, weil sie schwerer entdeckt werden und Fehlschlüsse kaum vermeidbar machen.

Unsere scharfe Scheidung zwischen den beiden Mitteln zum gleichen Zweck wird uns dazu verhelfen, jener Verwirrung auszuweichen. Sie wird uns der Schlüssel sein zum Verständnis der Entstehung, des Wesens und der Bestimmung des Staates; und, weil alle Weltgeschichte bis heute nichts anderes als Staatengeschichte war, zum Verständnis der Weltgeschichte. Alle Weltgeschichte bis heute, bis empor zu uns und unserer stolzen Kultur, hat und wird haben, bis wir uns zur Freibürgerschaft durchgekämpft haben, nur einen Inhalt: den Kampf zwischen dem ökonomischen und dem politischen Mittel.

b) Staatslose Völker (Jäger und Hackbauern)

[S. 21] Der Staat ist die Organisation des politischen Mittels. Und darum kann ein Staat nicht eher entstehen, als bis das ökonomische Mittel einen gewissen Stamm von Gegenständen der Bedürfnisbefriedigung geschaffen hat, die kriegerischer Raub erwerben kann. Darum sind die primitiven Jäger staatlos, und auch die höheren Jäger bringen es nur dann zur Staatenbildung, wenn sie in ihrer Nachbarschaft entwickeltere Wirtschaftsorganisationen vorfinden, die sie unterwerfen können. Die primitiven Jäger aber leben durchaus in praktischer Anarchie.

Große [3] berichtet von den primitiven Jägern im allgemeinen:

»Da es keine wesentlichen Vermögensunterschiede gibt, so fehlt eine Hauptquelle für die Entstehung von Standesunterschieden. Im allgemeinen sind alle erwachsenen Männer innerhalb des Stammes gleichberechtigt. Die älteren danken ihrer reicheren Erfahrung eine gewisse Autorität; aber niemand fühlt sich ihnen zum Gehorsam verpflichtet. Wo einzelne Häuptlinge anerkannt werden - wie bei den Botokuden, den Zentralkaliforniern, den Wedda und den Mincopie - ist ihre Macht außerordentlich gering. Der Häuptling hat kein Mittel, um seine Wünsche gegen den Willen der übrigen durchzusetzen. Die meisten Jägerstämme haben jedoch überhaupt keine Häuptlinge. Die ganze männliche Gesellschaft bildet noch eine homogene, undifferenzierte Masse, aus welcher nur diejenigen Individuen hervorragen, die man im Besitz magischer Kräfte glaubt.«

Hier besteht also kaum eine Andeutung von »Staatlichkeit« im Sinne irgendeiner Staatslehre, geschweige denn im Sinne der richtigen »soziologischen Staatsidee«.

Die Gesellschaftsbildungen der primitiven Ackerbauern haben kaum mehr Ähnlichkeit mit einem »Staate« als die Jägerhorden. Wo der mit der Hacke den Boden bearbeitende Bauer in Freiheit lebt - der Pflug ist schon immer Kennzeichen einer höheren Wirtschaftsform, die nur im Staate vorkommt, nämlich der von unterworfenen Knechten betriebenen Großwirtschaft[4] -, da gibt es noch keinen »Staat«. Isoliert voneinander, weithin zerstreut in einzelnen Gehöften, vielleicht Dörfern, durch Streitigkeiten wegen Gau- und Ackergrenzen [S. 22] zersplittert, leben sie bestenfalls in losen Eidgenossenschaften, nur locker von dem Bande zusammengehalten, das das Bewußtsein gleicher Abstammung und Sprache und gleichen Glaubens um sie schlingt. Selten nur, vielleicht einmal im Jahre, eint sie die gemeinsame Feier berühmter Ahnen oder der Stammesgottheit. Eine über die Gesamtheit herrschende Autorität besteht nicht; die einzelnen Dorf-, allenfalls Gauhäuptlinge haben je nach ihren persönlichen Eigenschaften, namentlich nach der ihnen zugetrauten Zauberkraft, mehr oder weniger Einfluß in ihrem beschränkten Kreise. Wie Cunow [5] die peruanischen Hackbauern vor dem Einbruch der Inka schildert, so waren und sind die primitiven Bauern überall in der Alten und Neuen Welt: »ein ungeregeltes Nebeneinander vieler unabhängiger, sich gegenseitig befehdender Stämme, die sich ihrerseits wieder in mehr oder weniger selbständige, durch Verwandtschaftsbande zusammengehaltene Territorialverbände spalteten«. In einem solchen Zustande der Gesellschaft ist das Zustandekommen einer kriegerischen Organisation zu Angriffszwecken kaum denkbar. Es ist schon schwer genug, den Gau oder gar Stamm zur gemeinsamen Verteidigung mobil zu machen. Der Bauer ist eben immobil, bodenständig, wie die Pflanze, die er baut. Er ist durch seinen Betrieb auch dann tatsächlich »an die Scholle gebunden«, wenn er rechtlich frei beweglich ist. Und welchen Zweck sollte ein Raubzug in einem Lande haben, das weithin nur von Bauernschaften besetzt ist? Der Bauer kann dem Bauern nichts nehmen, was er nicht selbst schon besitzt. Jedem von ihnen bringt wenig Arbeit in der extensiven Kultur eines durch Überfluß an Feldland ausgezeichneten Gesellschaftszustandes so viel, wie er braucht; ein Mehr wäre ihm überflüssig, seine Erwerbung verlorene Mühe, selbst wenn er das erbeutete Korn länger aufbewahren könnte, als in so primitiven Verhältnissen möglich, wo es schnell durch Witterungseinflüsse oder Ameisenfraß u. dgl. zugrunde geht. Muß doch nach Ratzel der zentralafrikanische Bauer den überschüssigen Teil seiner Ernte schleunigst in Bier verwandeln, um ihn nicht ganz zu verlieren!

Aus allen diesen Gründen geht dem primitiven Bauern der kriegerische Offensivgeist gänzlich ab, der den Jäger und Hirten auszeichnet: der Krieg kann ihm keinen Nutzen bringen. Und diese friedliche Stimmung wird noch dadurch verstärkt, daß ihn seine Beschäftigung [S. 23] nicht gerade kriegstüchtig macht. Er ist wohl muskelstark und ausdauernd, aber von langsamen Bewegungen und zögerndem Entschluß, während der Jäger und der Hirt durch ihren Beruf zu Schnelligkeit und rascher Tatkraft erzogen werden. Darum ist der primitive Bauer zumeist von sanfterer Gemütsart als jene[6]. Kurz: in den ökonomischen und sozialen Verhältnissen des Bauerngaues besteht keine Differenzierung, die zu höheren Formen der Integrierung drängte, besteht weder der Trieb noch die Möglichkeit zu kriegerischer Unterwerfung der Nachbarn, kann also kein »Staat« entstehen, und ist auch nie ein solcher entstanden. Wäre kein Anstoß von außen, von Menschengruppen anderer Ernährungsart gekommen - der primitive Bauer hätte den Staat nie erfunden.

c) Vorstaatliche Völker (Hirten und Wikinge)

Dagegen finden wir beim Hirtenstamme, auch bei dem isoliert vorgestellten, eine ganze Reihe von Elementen der Staatenbildung vor; und in der Tat haben die vorgeschritteneren Hirten den Staat schon fast fertig ausgestaltet bis auf das letzte Merkmal, das den Begriff im modernen Sinne ganz erfüllt, bis auf die Seßhaftigkeit im fest umgrenzten Staatsgebiete.

Das eine Element ist ein ökonomisches. Auch ohne das Dazwischentreten von außerökonomischer Gewalt kann sich im Hirtenleben eine immerhin ziemlich bedeutende Differenzierung des Vermögens und Einkommens entwickeln. Nehmen wir selbst als Anfangszustand[S. 24] die volle Gleichheit des Herdenbestandes an, so kann und wird doch binnen kurzer Zeit der eine reicher, der andere ärmer sein. Ein besonders geschickter Züchter wird seine Herde schnell wachsen sehen, ein besonders aufmerksamer Wächter und kühner Jäger wird sie besser vor der Zehntung durch Raubtiere bewahren. Das Glück tut das Seinige dazu: der eine findet eine besonders gute Weidestelle und gesunde Wasserplätze, dem anderen raubt eine Seuche oder ein Schneesturm oder ein Samum sein ganzes Vermögen.

Vermögensunterschiede bringen überall Klassenunterschiede hervor. Der verarmte Hirt muß sich dem reichgebliebenen verdingen und sinkt dadurch unter ihn, wird von ihm abhängig. Das ist eine Erscheinung, die uns aus allen drei Erdteilen der Alten Welt berichtet wird, d.h. überall, wo Hirten leben. Meitzen [7] berichtet von den lappischen Nomaden in Norwegen: »300 Stück pro Familie waren ausreichend; wer nur noch hundert hat, muß in den Dienst der Reichen treten, deren Herden bis zu 1000 Stück zählen.« Und derselbe Berichterstatter sagt von den zentralasiatischen Nomaden: »Eine Familie braucht 300 Stück Vieh zur Behaglichkeit; 100 Stück ist Armut; dann kommt Schuldnerschaft. Der Knecht muß den Acker des Herrn bauen« [8]. Aus Afrika berichtet Ratzel [9] von den Hottentotten eine Art von »Commendatio«: »Wer nichts hatte, suchte sich bei den Reichen zu verdingen; sein einziges Ziel war, in den Besitz von Vieh zu kommen.« Laveleye, der das gleiche aus Irland berichtet, führt sogar Ursprung und Namen des Feudalsystems (système féodal) auf die Viehleihe der reichen an die armen Stammesgenossen zurück: danach war ein fee-od (Vieheigen) das erste Lehen, mit dem der Große den Kleinen als »seinen Mann« an sich band, bis er seine Schuld getilgt hatte.

Wie sehr diese ökonomische und dann soziale Differenzierung durch das mit dem Patriarchat verbundene Ober- und Opferpriesteramt schon in friedlichen Hirtengesellschaften gefördert werden konnte, wenn der Älteste den Aberglauben seiner Clangenossen geschickt gebrauchte, um seinen eignen Herdenbesitz zu vergrößern, kann hier nur angedeutet werden.

[S. 25] Indessen hält sich diese Differenzierung, so lange das politische Mittel nicht einwirkt, in sehr bescheidenen Grenzen. Geschick und Tüchtigkeit sind nicht mit Gewißheit erblich, der größte Herdenbestand wird zersplittert, wenn viele Erben in einem Zelte wuchsen, und das Glück ist launisch. Noch in unseren Tagen ist der reichste Mann der schwedischen Lappen in kürzester Zeit so völlig verarmt, daß er von der Regierung unterhalten werden mußte. All diese Gründe wirken dahin, den ursprünglichen Zustand ökonomischer und sozialer Gleichheit immer wieder annähernd herzustellen.[10] »Je friedlicher, ursprünglicher, echter der Nomade ist, um so weniger gibt es fühlbaren Unterschied des Besitzes. Die Freude ist rührend, womit ein alter Fürst der Tsaidam-Mongolen sein Tributgeschenk: eine Handvoll Tabak, ein Stück Zucker, und 25 Kopeken empfängt.« [11]

Erst das politische Mittel zerstört diese Gleichheit auf die Dauer und in stärkerem Maße: »Wo Krieg geführt und Beute gemacht wird, gibt es größere Unterschiede, die im Besitz von Sklaven, Weibern, Waffen, edlen Reittieren zum Ausdruck gelangen.« [12]

Der Besitz von Sklaven! Der Nomade ist der Erfinder der Sklaverei und hat damit den Keimling des Staates geschaffen, die erste Bewirtschaftung des Menschen durch den Menschen.

Auch der Jäger führt Kriege und macht Gefangene. Aber er macht sie nicht zu Sklaven, sondern tötet sie oder adoptiert sie in seinen Stamm. Was sollte er mit Sklaven anfangen? Jagdbeute läßt sich noch viel weniger aufspeichern, »kapitalisieren« als Korn. Der Gedanke, aus einem Menschen einen Arbeitsmotor zu machen, konnte erst auf einer Wirtschaftsstufe entstehen, auf der ein Vermögensstamm, ein Kapital, gebildet ist, das nur mit Hilfe abhängiger Arbeitskräfte verwertet werden kann.

Dieser Zustand ist erst auf der Hirtenstufe erreicht. Die Kräfte einer Familie reichen ohne fremde Hilfe nur hin, um eine Herde von sehr begrenzter Größe zusammenzuhalten und vor tierischen und[S. 26] menschlichen Feinden zu schützen. Ehe das politische Mittel eingreift, sind solche Hilfskräfte nur sehr spärlich vorhanden: in den erwähnten armen Clangenossen und in Flüchtlingen aus fremden Stämmen, die wir überall als schutzbefohlene Abhängige in dem Gefolge der großen Herdenbesitzer finden [13]. Hier und da tritt wohl auch ein ganzes armes Hirtenvolk halb freiwillig in den Dienst eines reichen: »Ganze Völker nehmen ihrem Besitz entsprechende Stellungen zueinander ein. So bemühen sich die Tungusen, die sehr arm sind, in der Nähe von Tschuktschen-Niederlassungen zu leben, weil sie bei den an Rentierherden reicheren Tschuktschen als Hirten Verwendung finden; sie werden dann mit Rentieren bezahlt. Und die Unterwerfung der Ural-Samojeden durch die Sirjänen folgte der allmählichen Usurpation ihrer Weidegründe [14].

Aber vielleicht mit Ausnahme des letztgenannten Falles, der schon stark staatsähnlich ist, reichen die paar im Clan vorhandenen kapitallosen Arbeitskräfte doch nicht hin, um sehr große Herden zu hüten. Und doch zwingt der Betrieb selbst dazu, sie zu teilen; denn ein Weidegrund darf nicht ohne Schaden »überstoßen«, d.h. zu stark besetzt werden, wie man in der Schweizer Alpenwirtschaft sagt; und die Gefahr, den ganzen Bestand zu verlieren, mindert sich in dem Maße, wie man ihn auf verschiedene Weiden verteilt. Dann vernichten Seuchen, Stürme usw. nur einen Teil, und auch der Grenzfeind kann nicht alles auf einmal nehmen. Darum ist z.B. bei den Hereros »jeder nur etwas reichere Besitzer gezwungen, neben der eigentlichen Hauptwerfte immer noch einige Viehposten zu haben, worüber die jüngeren Brüder oder andere nahe Verwandte oder in Ermanglung dieser erprobte alte Knechte die Aufsicht führen« [15]

Darum schont der entwickelte Nomade den kriegsgefangenen Feind: er kann ihn als Weidesklaven brauchen. Wir können in einer Kultsitte der Skythen noch den Übergang von der Tötung zur Verknechtung beobachten: sie opferten an ihren Gaumalstätten je einen von hundert gefangenen Feinden. Lippen, der die Tatsache berichtet [16],[S. 27] erblickt darin »eine eintretende Beschränkung, und der Grund derselben liegt sichtlich in dem Werte, welchen der gefangene Feind für ein Hirtenvolk als Knecht gewonnen hatte.«

Mit der Eingliederung der Sklaven in den Hirtenstamm ist der Staat - bis eben auf das in Seßhaftigkeit besessene festbegrenzte Gebiet - in seinen wesentlichen Elementen fertig. Er hat die Form der Herrschaft und den Inhalt der wirtschaftlichen Ausbeutung menschlicher Arbeitskräfte. Und nun kann die ökonomische Differenzierung und soziale Klassenbildung in ganz anderem Schrittmaß vorangehen. Die Herden der Großen, klug verteilt und von zahlreichen bewaffneten Knechten stärker bewacht als die der kleinen Gemeinfreien, erhalten sich in der Regel auf ihrem Bestande und vermehren sich durch den größeren Anteil an der Beute, den der Reiche, entsprechend der von ihm ins Feld gestellten (unfreien!) Kriegerzahl, erhält, schneller als jene. Das Oberpriesteramt wirkt weiter mit, und so spaltet eine immer breitere Kluft die ehemals gleichen Clangenossen, bis ein echter Adel, die reichen Nachkommen der reichen Patriarchen, den kleinen Gemeinfreien gegenübersteht. »Die Rothäute haben auch in ihrer fortgeschrittensten Organisation keinen Adel und keine Sklaverei ausgebildet [17], und dadurch unterscheidet sich ihre Organisation am wesentlichsten von der der alten Welt. Beides erhebt sich erst auf dem Boden des Patriarchats tierzüchtenden Völker.« [18] Und so finden wir denn bei allen entwickelten Hirtenvölkern die soziale Scheidung in drei verschiedene Klassen: Adel (Fürsten der Stammhäuser im biblischen Ausdruck), Gemeinfreie und Sklaven. Im besonderen haben nach Mommsen [19] »alle indogermanischen Völker die Sklaverei als rechtliche Institution«. Und was für die Arier und die Semiten Asiens und Afrikas (Masai und Wahuma usw.) und die Mongolen gilt, gilt auch für die Hamiten. Bei allen Fulbe der Sahara »teilt sich die Gesellschaft in Fürsten, Häuptlinge, Gemeine und Sklaven« [20]. Und wieder das gleiche finden wir, wie selbstverständlich, [S. 28] überall, wo die Sklaverei rechtlich besteht, bei den Hova [21] und ihren polynesischen Verwandten, den »See-Nomaden«. Die Menschenpsyche wirkt sich überall unter gleichen Verhältnissen in gleichen Ordnungen aus, ganz unabhängig von Farbe und Rasse.

So gewöhnt sich der Hirt allmählich an den Kriegserwerb und an die Bewirtschaftung des Menschen als eines verknechteten Arbeitsmotors. Und man muß anerkennen, daß seine ganze Lebensweise ihn dazu antreiben muß, von dem »politischen Mittel« immer mehr Gebrauch zu machen.

Er ist körperlich stärker und ebenso gewandt und entschlossen wie der primitive Jäger, dessen Nahrungserwerb allzu unregelmäßig ist, als daß er zu der, der Gattung bestimmten höchsten Größe und Kraft aufwachsen könnte. Der Hirt aber, dem in der Milch seiner Herdentiere der Nahrungsquell ohne Unterbrechung fließt, und der Fleischnahrung hat, so oft er sie begehrt, wächst fast überall zum »Riesen«: der arische Roßnomade nicht minder wie der Rinderhirt Asiens und Afrikas, z.B. der Sulu. Zum zweiten ist der Hirtenstamm an Kopfzahl viel stärker als die Jägerhorde, nicht nur, weil die Erwachsenen viel mehr Nahrung von einem gegebenen Gebiete erzielen können, sondern vor allem auch, weil die Verfügung über tierische Milch die Säugeperiode der Mütter abkürzt und eine größere Zahl von Geburten und die Aufzucht von mehr Geborenen erlaubt. Daher sind die Weidesteppen der Alten Welt zu jenen unerschöpflichen Staubecken geworden, die periodisch in Überschwemmungen austraten, zu den »vaginae gentium«.

Eine bedeutend größere Anzahl wehrhafter Krieger also, als bei den Jägern, jeder einzelne stärker, und doch alle zusammen mindestens ebenso beweglich wie die Jägerhorde, die Reiter unter ihnen (Kamel- und Rossereiter) sogar ungleich beweglicher! Und diese größere Masse bester Einzelkräfte zusammengehalten durch eine Organisation, wie sie nur unter dem Schilde des sklavenhaltenden, herrschaftsgewöhnten Patriarchats möglich war, eine Organisation, die dem lockeren Gefolgsdienst der einem Häuptling geschworenen jungen Krieger der Jägerstufe gar nicht verglichen werden kann, und die schon durch den Beruf vorbereitet und ausgebildet ist.

Der Jäger nämlich jagt am vorteilhaftesten allein oder in kleinen Gruppen: der Hirt aber bewegt sich am vorteilhaftesten in dem [S. 29] großen Zuge, in dem der einzelne am besten geschützt ist, und der in jedem Sinne ein Heereszug ist, wie der Rastplatz in jedem Sinne ein Feldlager darstellt. So bildet sich ganz von selbst die Übung taktischer Manöver, strenger Ordnung, fester Disziplin aus. »Man geht wohl nicht fehl,« bemerkt Ratzel [22], »wenn man zu den disziplinierenden Kräften im Leben des Nomaden die seit Urzeiten gleiche Zeltordnung rechnet. Jeder und alles hat hier seine feste, altbestimmte Stelle; daher die Raschheit und Ordnung in Auf- und Abbruch, Neu-Aufstellung und -Einrichtung. Unerhört, daß jemand ohne Befehl oder dringendsten Grund seinen Platz verändert. Nur dieser festen Ordnung ist es zu verdanken, daß das Zelt mit seinem ganzen Inhalt in Zeit von einer Stunde verpackt und verladen werden kann.«

Ganz dieselbe, uralt hergebrachte, in Jagd, Krieg und friedlicher Wanderung erprobte Ordnung beherrscht nun auch den kriegerischen Marsch des Hirtenstammes. Und dadurch werden sie zu berufsmäßigen und, bis der »Staat« nicht noch höhere und mächtigere Organisationen schafft, zu unwiderstehlichen Kämpfern. Hirt und Krieger werden identische Begriffe. Was Ratzel von den zentralasiatischen Nomaden ausspricht [23], gilt von allen: »Der Nomade ist als Hirt ein wirtschaftlicher, als Krieger ein politischer Begriff. Ihm liegt es immer nahe, aus irgendeiner Tätigkeit in die des Kriegsmannes und Räubers überzugehen. Alles im Leben hat für ihn eine friedliche und kriegerische, eine ehrliche und räuberische Seite; je nach den Umständen kehrt er diese oder jene heraus. Sogar Fischerei und Seefahrt schlugen in den Händen der ostkaspischen Turkmenen in Seeräubertum um. (...) Der Gang des anscheinend friedlichen Hirtendaseins bestimmt den des Krieges; der Hirtenstab wird zur Waffe. Im Herbst, wenn die Pferde gekräftigt von der Weide herein kommen, und die zweite Schafschur vollendet ist, sinnt der Nomade, welchen Rache- oder Raubzug (Baranta, wörtlich Vieh machen, Vieh rauben) er bis dahin vertagt hatte. Das ist der Ausdruck eines Faustrechts, das in Rechtsstreitigkeiten, im Ehrenhandel und bei Blutrache Vergeltung und Unterpfand im Wertvollsten sucht, das der Feind besaß, in seinen Herdentieren. Junge Männer, die keine Baranta mitgemacht, haben sich den Namen Batir, Held, und Anspruch auf Ehre und Achtung [S. 30] erst zu erwerben. Zur Lust der Abenteuer gesellt sich die Freude am Besitz; und so entwickelt sich die dreifache, abwärtsführende Stufenreihe von Rächer, Held und Räuber.«

Ganz ähnlich, wie bei den Landnomaden liegen die Verhältnisse bei den Seenomaden, den »Wikingen«. Um so mehr, weil in den für die Universalgeschichte wichtigsten Fällen die Seenomaden nichts anderes sind als auf das Meer hinausgegangene Landnomaden.

Wir haben soeben eine der unzähligen Tatsachen angeführt, die zeigen, daß der Hirt sich nicht lange besinnt, statt des Pferdes oder des »Schiffs der Wüste« die »Rosse der See« zum Raubkriege zu benutzen. Sie betraf die ostkaspischen Turkmenen [24]. Ein anderes Beispiel geben die Skythen: »In dem Augenblicke, da sie den Nachbarn die Kunst ablernen, das Meer zu befahren, verwandeln sich die Wanderhirten, Homers »verehrliche Rosselenker und Milchesser und Habelose, die rechtlichsten Menschen« (Ilias XIII, 3) genau wie ihre baltischen und skandinavischen Brüder in kühne Seefahrer. Strabo (Cas., p. 301) klagt: Seitdem sie sich aufs Meer wagten, sind sie, Seeraub treibend und die Stammfremden ermordend, schlechter geworden, und, mit vielen Volksstämmen verkehrend, nehmen sie an dem Kleinhandel und der Verschwendung dieser teil« [25].

Wenn die Phönizier wirklich »Semiten« gewesen sind, so bilden sie ein weiteres, für die Universalgeschichte unvergleichlich wichtiges Beispiel für die Umwandlung von Land- in See-»Beduinen«, d.h. kriegerische Räuber. Und dasselbe gilt wahrscheinlich für die Mehrzahl der zahlreichen Völker, die von der kleinasiatischen, dalmatinischen und nordafrikanischen Küste aus von den frühesten Zeiten an, über die wir in den ägyptischen Denkmälern Nachrichten finden, (die Hellenen wurden in Ägypten nicht zugelassen) [26] bis zur Gegenwart (Rifpiraten) die reichen Länder um das Mittelmeer brandschatzten. Die nordafrikanischen »Mauren«, als Araber wie als Berber ursprünglich, beide Teile der Mischung, Landnomaden, sind vielleicht das berühmteste Beispiel dieser Wandlung.

Indessen können Seenomaden, d.h. Seeräuber, auch ohne die [S. 31] Zwischenstufe des Hirtentums unmittelbar aus Fischervölkern entstehen. Wir haben soeben die Ursachen kennen gelernt, die den Hirten die Überlegenheit über die Hackbauern verleihen: die relativ bedeutende Volkszahl der Horden, bei einer Tätigkeit, die den einzelnen Mann zu Mut und schnellem Entschluß, und die Masse als Ganzes zu straffer Disziplin erzieht. All das gilt auch für den seeanwohnenden Fischer. Reiche Fischgründe gestatten eine bedeutende Volksdichtigheit, wie die Nordwest-Indianer (Tlinkit usw.) zeigen; sie machen auch die Sklavenhaltung möglich, da der Sklave beim Fischfang mehr erwirbt, als seine Nahrung kostet; und so finden wir, hier allein unter den Rothäuten, das Institut der Sklaverei ausgebildet und finden daher auch bleibende ökonomische Unterschiede zwischen den Freien, die sich als eine Art von Plutokratie darstellen, ähnlich wie bei den Hirten. Der Befehl über Sklaven erzeugt hier wie dort die Gewohnheit der Herrschaft und den Geschmack am »politischen Mittel«; und hier wie dort kommt diesem Wunsche die straffe Disziplin zugute, die der Beruf, hier die Seefahrt, ausbildet. »Beim gemeinsamen Fischfang ist nicht der letzte Vorteil die Disziplinierung der Mannschaften, die sich in den größeren Fischerbooten einen Anführer wählen, dem unbedingt zu gehorchen ist, da vom Gehorsam jeglicher Erfolg abhängt. Die Regierung des Schiffes erleichtert dann die des Staates. Im Leben eines gewöhnlich völlig zu den Wilden gerechneten Volkes, wie der Salomon-Insulaner, ist unzweifelhaft das einzige, kräftezusammenfassende Element die Schiffahrt« [27]. Wenn die Nordwestindianer keine so berühmten Seeräuber geworden sind, wie ihre altweltlichen Genossen, so liegt das nur daran, daß sich in ihrer erreichbaren Nachbarschaft keine reiche Hochkultur entfaltet hat: aber Piraterie treiben alle höheren Fischer.

Aus diesen Gründen sind die Wikinge ebenso befähigt, das politische Mittel zur Basis ihrer wirtschaftlichen Existenz zu wählen wie die Hirten, und sie sind, wie sie, in großem Maßstabe Staatengründer geworden. Wir werden im folgenden die von ihnen gegründeten Staaten als »Seestaaten« von den durch Hirten (und in der Neuen Welt durch Jäger) gegründeten »Landstaaten« unterscheiden. Von den ersteren wird unten ausführlich zu handeln sein, wenn von den Ausgängen des entfalteten Eroberungsstaates die Rede ist. Fürs erste, [S. 32] solange wir von der Entstehung des Staates und von dem primitiven Eroberungsstaat zu handeln haben, dürfen wir uns aus dem Grunde im wesentlichen auf die Betrachtung des Landstaates beschränken und den Seestaat zurücktreten lassen, weil dieser zwar in allen grundsätzlichen Dingen genau dasselbe Wesen und dieselbe Entwicklung aufweist, aber doch den typischen Gang dieser Entwicklung minder klar erkennen läßt.

d) Die Entstehung des Staates

Die an Zahl und auch an Wert des einzelnen Kämpfers unvergleichlich schwächeren Jägerhorden, mit denen die Hirten gelegentlich zusammenstoßen, können dem Anprall natürlich nicht widerstehen. Sie weichen aus in Steppen und Gebirge, in die ihnen die Hirten nicht folgen wollen und können, weil das Vieh dort keine Weide findet; oder treten zu ihnen in eine Art von Klientenverhältnis: eine Erscheinung, die sich namentlich in Afrika häufig und seit uralter Zeit findet. Schon mit den Hyksos zogen solche abhängigen Jäger ins Nilland ein. Aber der Jäger zahlt wohl allenfalls einen geringen Tribut an Jagdbeute gegen Schutz und versteht sich zum Kundschafter- und Wächterdienst; aber er, der »praktische Anarchist«, läßt sich eher vernichten, als zum regelmäßigen Arbeitsdienst zwingen. Daher wuchs aus solchen Zusammenstößen niemals ein »Staat« hervor.

Auch der Bauer kann mit seiner undisziplinierten Landwehr, die aus ungeübten Einzelkämpfern besteht, dem Anprall der reisigen Hirten nicht auf die Dauer widerstehen, selbst wenn er in starker Überzahl ficht. Aber der Bauer weicht nicht aus, denn er ist bodenständig; und der Bauer ist an regelmäßige Arbeit schon gewöhnt. Er bleibt, läßt sich unterwerfen und steuert seinem Besieger: das ist die Entstehung des Landstaates in der Alten Welt!

In der Neuen Welt, wo die großen Weidetiere, Rinder, Pferde, Kamele ursprünglich nicht vorhanden sind, tritt an die Stelle des Hirten der dem Hackbauern durch Waffengewandtheit und kriegerische Disziplin immer noch unendlich überlegene höhere Jäger. »Der in der Alten Welt kulturzeugende Gegensatz von Hirten- und Ackerbauvölkern reduziert sich in der Neuen auf den Gegensatz von wandernden [S. 33] und ansässigen Stämmen. Wie Iran und Turan kämpfen mit den im Ackerbau aufgehenden Tolteken die von Norden hereinbrechenden wilden Scharen, deren militärische Organisation hochentwickelt war« [28].

Das gilt nicht nur für Peru und Mexiko, sondern für das ganze Amerika, ein starker Beweis für die Meinung, daß die Grundlage des Menschen überall gleich ist und sich unter den verschiedensten wirtschaftlichen und geographischen Bedingungen durchsetzt. Wo er die Gelegenheit findet und die Macht besitzt, zieht der Mensch das politische Mittel dem ökonomischen vor. Und vielleicht nicht nur der Mensch: nach Maeterlincks »Leben der Bienen« soll ein Bienenstock, der einmal die Erfahrung gemacht hat, daß er den Honig, statt in mühsamer Tracht, auch durch Raub aus einem fremden Stock gewinnen kann, fortan für das »ökonomische Mittel« verdorben sein. Aus Arbeitsbienen sind Raubbienen geworden.

Lassen wir die neuweltlichen Staatenbildungen außer Acht, die ja ohnehin für die große Linie der Weltgeschichte keine Bedeutung gewonnen haben, so haben wir als Triebkraft aller Geschichte, als Entstehungsgrund aller Staaten, zu betrachten den Gegensatz zwischen Ackerbauern und Hirten, zwischen Arbeitern und Räubern, zwischen Tiefland und Weidesteppe, wie Ratzel, der die Soziologie vom geographischen Zipfel aus faßte, es treffend ausdrückt: »Daß der Nomadismus nicht rein zerstörend der sedentären Kultur gegenübertritt, ruft uns die Tatsache ins Gedächtnis, daß wir es von nun an nicht nur mit Stämmen, sondern auch mit Staaten, und zwar Staaten mächtiger Art, zu tun haben. In dem kriegerischen Charakter der Nomaden liegt eine große staatenschaffende Macht, die sich vielleicht noch klarer als in den von Nomadendynastien und -armeen beherrschten großen Staaten Asiens: dem von Türken regierten Persien, dem von Mongolen und Mandschu eroberten und verwalteten China, den Mongolen und Radschputenstaaten Indiens, am Rande des Sudans ausspricht, wo die Verschmelzung der erst feindlichen, dann zu fruchtbarem Zusammenwirken vereinigten Elemente noch nicht so weit fortgeschritten ist. Nirgends zeigt es sich so klar wie hier auf der Grenze nomadisierender und ackerbauender Völker, daß die großen Wirkungen der kulturfördernden Anstöße der Nomaden nicht aus friedlicher Kulturtätigkeit hervorgehen, sondern als kriegerische Bestrebungen [S. 34] friedlichen zuerst entgegenwirken, ja schaden. Ihre Bedeutung liegt in dem Talent der Nomaden, die sedentären und leicht auseinanderfallenden Völker energisch zusammenzufassen. Das schließt aber nicht aus, daß sie dabei viel von ihren Unterworfenen lernen können (...) Was aber alle diese Fleißigen und Geschickten nicht haben und nicht haben können, das ist der Wille und die Kraft, zu herrschen, der kriegerische Geist und der Sinn für staatliche Ordnung und Unterordnung. Darum stehen die wüstengeborenen Herren der Sudanstaaten über ihren Negervölkern wie die Mandschu über ihren Chinesen. Was anderes aber erfüllt sich hier als das von Timbuktu bis Peking gültige Gesetz, daß bevorzugte Staatenbildungen in den an weite Steppen grenzenden, reichen Ackerbauländern entstehen, wo eine hohe materielle Kultur sedentärer Völker gewaltsam in den Dienst energischer, herrschfähiger, kriegerischer Steppenbewohner gezogen wird?« [29]

Bei der Entstehung des Staates aus der Unterwerfung eines Ackerervolkes durch einen Hirtenstamm oder durch Seenomaden lassen sich sechs Stadien unterscheiden. Wenn wir sie im folgenden schildern, so ist nicht die Meinung, als wenn die reale historische Entwicklung gezwungen gewesen sei, in jedem einzelnen Falle die ganze Treppe, Stufe für Stufe, zu erklettern. Zwar ist hier nichts theoretische Konstruktion; jede einzelne Stufe findet sich in zahlreichen Vertretern in Weltgeschichte und Völkerkunde, und es gibt Staaten, die sie augenscheinlich sämtlich absolviert haben. Aber es gibt mehr, die eine oder mehrere der Stufen übersprungen haben.

Das erste Stadium ist Raub und Mord im Grenzkriege: ohne Ende tobt der Kampf, der keinen Frieden noch Waffenstillstand kennt. Erschlagene Männer, fortgeführte Kinder und Weiber, geraubte Herden, brennende Gehöfte! Werden die Angreifer mit blutigen Köpfen heimgeschickt, so kommen sie in stärkeren und stärkeren Haufen wieder, zusammengeballt durch die Pflicht der Blutrache. Zuweilen rafft sich wohl die Eidgenossenschaft auf, sammelt die Landwehr, und es gelingt ihr vielleicht auch einmal, den flüchtigen Feind zu stellen und ihm auf eine Zeitlang die Wiederkehr zu verleiden; aber allzu schwerfällig ist die Mobilmachung, allzu schwierig die Verpflegung in der Wüste für die Bauernlandwehr, die nicht, wie der Feind, ihre Nahrungsquelle, die Herden, mit sich führt - wir erlebten [S. 35] in Südwestafrika, was eine vorzüglich disziplinierte Überzahl mit Train und Eisenbahnnachschub und den Millionen des deutschen Reiches hinter sich dulden mußte, um eine Handvoll Hirtenkrieger zur Strecke zu bringen - und schließlich ist der Kirchtumsgeist mächtig, und daheim liegen die Äcker brach. Darum siegt auch in solchen Fällen auf die Dauer fast immer die kleine, aber geschlossene bewegliche Macht über die größere zersplitterte Masse, der Panther über den Büffel.

Das ist das erste Stadium der Staatsbildung. Sie kann jahrhunderte-, vielleicht jahrtausendelang darauf stehen bleiben, wie das folgende, überaus charakteristische Beispiel zeigt: »Jedes Weidegebiet eines Turkmenenstammes grenzte einst an eine weite Zone, die man als sein Raubgebiet bezeichnen konnte. Der ganze Norden und Osten von Chorassan gehörte jahrzehntelang mehr den Turkmenen, Jomuden, Goklanen und anderen Stämmen der angrenzenden Steppen als den Persern, deren Herrschaft nur nominell war. Ähnlich waren Grenzstriche von Chiwa und Bochara den Raubzügen der Tekinzen verfallen, bis es gelang, andere Turkmenenstämme mit Gewalt oder durch Bestechung als Stoßkissen einzuzwängen. Die Geschichte der Oasenkette, die Ost- und Westasien quer durch die Steppen Zentralasiens verbindet, wo seit alter Zeit die Chinesen durch den Besitz weltgeschichtlicher Schlüsselpunkte wie der Oase Chami dominierten, gibt zahllose weitere Belege. Immer versuchten die Nomaden, von Süden und Norden her an den Inseln fruchtbareren Bodens zu landen, die ihnen wie Inseln der Glückseligen erscheinen mochten, und jeder Horde stand, ob sie erfolgreich abzog oder geschlagen flüchtete, die schützende Steppe offen. Ward auch die schwerste Bedrohung durch die zäh fortgesetzte Schwächung des Mongolentums und die faktische Beherrschung Tibets beseitigt, so hat der letzte Dunganenaufstand gezeigt, wie leicht doch die Wellen eines beweglichen Volkstums über diesen Kultureilanden zusammenschlagen. Erst die Vernichtung des Nomadismus, die unmöglich ist, solange es Steppen in Zentralasien gibt, vermöchte ihre Existenz ganz sicherzustellen.« [30]

Zum ersten Stadium zu rechnen sind auch die aus der ganzen altweltlichen Geschichte bekannten Massenzüge, soweit sie nicht auf Eroberung, sondern lediglich auf Plünderung abzielten, Massenzüge, [S. 36] wie sie Westeuropa durch die Kelten, Germanen, Hunnen, Avaren, Araber, Magyaren, Tataren, Mongolen und Türken vom Lande und durch die Wikinge und Sarazenen vom Wasser her erlitten hat. Sie überschwemmten weit über das gewohnte Raubgebiet hinaus ganze Erdteile, verschwanden, kehrten wieder, versickerten und hinterließen nur eine Wüste. Häufig genug aber schritten sie in einem Teil des überfluteten Gebietes unmittelbar zum sechsten und letzten Stadium der Staatsbildung, indem sie eine dauernde Herrschaft über die Bauernbevölkerung errichteten. Ratzel schildert diese Massenzüge vortrefflich wie folgt: »Der Gegensatz zu dieser tröpfelnden und vorsichtigen Bewegung sind die Züge der großen Nomadenhorden, mit deren fürchterlicher Gewalt vor allem Mittelasien seine Nachbarländer übergoß. Die Nomaden dieses Gebietes, wie Arabiens und Nordafrikas, vereinigen mit der Beweglichkeit ihrer Lebensweise eine ihre ganze Masse zu einem einzigen Zwecke zusammenfassende Organisation. Gerade der Nomadismus ist ausgezeichnet durch die Leichtigkeit, womit er aus dem patriarchalischen Stammeszusammenhange despotische Gewalten von weitreichendster Macht entwickelt. Dadurch entstehen Massenbewegungen, die sich zu anderen in der Menschheit vor sich gehenden Bewegungen wie angeschwollene Ströme zu dem beständigen, aber zersplitterten Geriesel eines Quellgeäders verhalten. Ihre geschichtliche Bedeutung tritt aus der Geschichte Chinas, Indiens und Persiens nicht weniger klar hervor als aus der Europas. So wie sie in ihren Weideländereien umherzogen mit Weibern und Kindern, Sklaven, Wagen, Herden und aller Habe, brachen sie über ihre Nachbarländer herein; und was ihnen dieser Ballast an Schnelligkeit nahm, das gab er ihnen an Masse. Damit trieben sie die erschreckten Einwohner vor sich her und wälzten sich über die eroberten Länder aussaugend hin. So wie sie alles mit sich trugen, ließen sie sich auch am neuen Orte mit allem nieder; ihre Festsetzungen gewannen dadurch an ethnographischer Bedeutung. Wir erinnern an den Einzug der Magyaren in Ungarn, der Mandschu in China oder der Turkvölker in die Lande von Persien bis zur Adria.« [31]

Was hier von hamitischen, semitischen, mongolischen und - sicherlich wenigstens teilweise - auch arischen Hirtenvölkern gesagt wird, gilt auch von den echten Negern, soweit sie eben ein Hirtendasein [S. 37] führen: »In den beweglichen, kriegerischen Hirtenvölkern der Kaffern ruht eine Expansionskraft, die nur eines verlockenden Zieles bedarf, um zur gewaltsamen Wirkung zu gelangen und die ethnologischen Verhältnisse weiter Gebiete von Grund aus umzugestalten. Ein solches Ziel bot das östliche Afrika, das zahlreichen friedlichen Ackerbauvölkern Raum zur Entwicklung gewährt hatte, ohne doch, wie die Länder des Inneren, aus klimatischen Gründen die Viehzucht zu verbieten und damit die Stoßkraft der Nomaden von Anfang an zu lähmen. Gleich verheerenden Strömen ergossen sich wandernde Kaffernstämme in die fruchtbaren Sambesiländer und bis an das Hochland zwischen dem Tanganyika und die Küste hinein, wo sie im Unyamwesi bereits den Vorposten einer von Norden kommenden hamitischen Völkerwelle, den Watusi, begegneten. Zum Teil sind die älteren Bewohner dieser Gebiete vernichtet, zum Teil bebauen sie als Hörige den ehemals freien Boden ihrer Heimat, zum Teil endlich haben sie den Kampf noch nicht aufgegeben oder hausen noch ungestört in Siedlungen, an denen der Sturm der Eroberung seitwärts vorüberbrauste« [32].

Was sich hier noch eben vor unseren Augen abgespielt hat und sogar noch abspielt, das hat seit vielen Jahrtausenden »ganz Ostafrika vom Sambesi bis zum Mittelmeere erschüttert«. Der Einfall der Hyksos, Ägyptens mindestens halbtausendjährige Unterwerfung unter die Hirtenstämme der östlichen und nördlichen Wüsten, »Stammverwandte jener Völker, die heut noch zwischen Nil und Rotem Meer ihre Herden weiden«, [33] ist nur die erste uns bekannte dieser Staatsgründungen, denen im Nilland selbst und weiter südlich so viele andere nachfolgten, bis auf das Reich des Muata Jamvo am Südrand des mittleren Kongogebietes, von dem die portugiesischen Händler in Angola schon am Ende des 16. Jahrhunderts erfuhren, und bis auf das Kaiserreich Uganda, das erst in unseren Tagen der stärkeren Kriegsorganisation der Europäer erlag. »Wüste und Kulturland ruhen nie und nirgend kampflos nebeneinander; aber ihre Kämpfe sind einförmig und voll Wiederholungen« [34].

»Einförmig und voll Wiederholungen!« das ist die Weltgeschichte [S. 38] in ihren Grundzügen überhaupt, weil die menschliche Psyche ebenfalls in ihren Grundzügen überall die gleiche ist und auf die gleichen Einwirkungen der Umwelt gleichmäßig reagiert, bei allen Rassen aller Farben in allen Erdstrichen, in den Tropen, wie in den gemäßigten Zonen. Man muß nur weit genug zurücktreten, den Standpunkt so hoch wählen, daß das bunte Spiel der Einzelheiten uns die großen Massenbewegungen nicht mehr verbirgt; dann entschwinden unserem Blick die »Modi« der kämpfenden, wandernden, arbeitenden Menschheit, und ihre »Substanz«, ihre ewig gleiche, ewig erneute, ihre im Wechsel dauernde, enthüllt uns ihre »einförmigen« Gesetze.

Allmählich entsteht aus diesem ersten Stadium das zweite, namentlich dann, wenn der Bauer, durch tausend Mißerfolge gekirrt, sich in sein Schicksal ergeben, auf jeden Widerstand verzichtet hat. Dann beginnt es selbst dem wilden Hirten aufzudämmern, daß ein totgeschlagener Bauer nicht mehr pflügen, ein abgehackter Fruchtbaum nicht mehr tragen kann. Er läßt im eigenen Interesse den Bauern leben und den Baum stehen, wenn es möglich ist. Die reisige Expedition kommt nach wie vor, waffenstarrend, aber nicht mehr eigentlich in Erwartung von Krieg und gewaltsamer Aneignung. Sie brennt und mordet nur so viel, wie erforderlich ist, um den heilsamen Respekt zu erhalten oder vereinzelten Trotz zu brechen. Aber im allgemeinen, grundsätzlich, nach einem fest gewordenen Gewohnheitsrecht - der erste Keim alles staatlichen Rechtes! - nimmt der Hirt nur noch den Überfluß des Bauern. Das heißt, er läßt ihm Haus, Geräte und ausreichend Lebensmittel bis zur nächsten Ernte [35]. Ein Vergleich: der Hirt im ersten Stadium ist der Bär, der den Bienenstock zerstört, indem er ihn ausraubt; im zweiten ist er der Imker, der ihm genug Honig läßt, um zu überwintern.

Ein ungeheurer Schritt vorwärts zwischen erstem und zweitem Stadium! Wirtschaftlich und politisch ein ungeheurer Schritt! Denn zuerst war der Erwerb des Hirtenstammes rein okkupatorisch; schonungslos zerstörte der Genuß des Augenblickes die Reichtumsquelle [S. 39] der Zukunft; jetzt ist der Erwerb wirtschaftlich, denn alles Wirtschaften heißt weise haushalten, den Genuß des Augenblickes der Zukunft halber einschränken. Der Hirt hat gelernt, zu »kapitalisieren«. Ein ebenso gewaltiger Schritt politisch: der blutsfremde Mensch, bisher vogelfreie Beute, hat einen Wert erhalten, ist als Reichtumsquelle erkannt; das ist zwar der Anfang aller Knechtschaft, Unterdrückung und Ausbeutung, aber auch der Anfang zu einer über die Verwandtschaftsfamilie hinausgreifenden höheren Gesellschaftsbildung; und schon spann sich, wie wir sahen, zwischen Räubern und Beraubten der erste Faden einer Rechtsbeziehung über die Kluft fort, die bisher zwischen den Nichts-als-Todfeinden klaffte. Der Bauer erhält eine Art von Recht auf die Lebensnotdurft; es wird ein Unrecht, den nicht Widerstehenden zu töten oder ganz auszuplündern. Und besser als das! Feinere, zartere Fäden knüpfen sich zu einem noch sehr schwachen Netze, menschlichere Beziehungen, als sie der brutale Gewohnheitspakt der Teilung nach dem Muster der partitio leonina enthält. Da die Hirten nicht mehr im Kampfzorn rasend mit den Bauern zusammentreffen, so findet auch wohl einmal eine demütige Bitte Erfüllung, oder eine begründete Beschwerde Gehör. Der kategorische Imperativ der Billigkeit, »was du nicht willst, das man dir tu'«, dem auch der Hirt im Verkehr mit seinen eigenen Bluts- und Stammesgenossen streng gehorcht, beginnt zum erstenmal, ganz schüchtern noch und leise, auch für den Blutsfremden zu sprechen. Hier ist der Keim zu jenem grandiosen äußeren Verschmelzungsprozeß, der aus den kleinen Horden die Völker und Völkerbünde geschaffen hat und dereinst den Begriff der »Menschheit« mit Leben erfüllen wird; hier ebenso der Keim zu der inneren Vereinheitlichung der einst Zersplitterten, die vom Haß der zur allumfassenden Menschenliebe des Christentums und des Buddhismus führte.

Volkstum und Staat, Recht und höhere Wirtschaft, mit allen Entwicklungen und Verzweigungen, die sie schon getrieben haben und noch treiben werden, entstanden gemeinsam in jenem Moment unvergleichlicher weltgeschichtlicher Bedeutung, in dem zuerst der Sieger den Besiegten schonte, um ihn dauernd zu bewirtschaften. Die Wurzel alles Menschlichen taucht nun einmal in das dunkle Erdreich des Tierischen, Liebe und Kunst nicht minder wie Staat, Recht und Wirtschaft.

[S. 40] Bald kommt ein anderes hinzu, um jene seelischen Beziehungen noch enger zu knüpfen. Es gibt in der Wüste außer dem jetzt in den Bienenvater umgewandelten Bären noch andere Petze, die auch nach Honig lüstern sind. Unser Hirtenstamm sperrt ihnen die Wildbahn, er schützt »seinen« Stock mit der Waffe. Die Bauern gewöhnen sich, die Hirten herbeizurufen, wenn ihnen eine Gefahr droht; schon erscheinen sie nicht mehr als die Räuber und Mörder, sondern als die Schützer und Retter. Man stelle sich den Jubel der Bauern vor, wenn die Rächerschaar die geraubten Weiber und Kinder samt den abgehauenen Köpfen oder abgezogenen Skalpen der Räuber ins Dorf zurückbringt. Was sich hier knüpft, sind keine Fäden mehr, das ist ein Band von gewaltiger Festigkeit und Zähigkeit. Hier ist die vornehmste Kraft der »Integration« gezeigt, die im weiteren Verlauf aus den beiden ursprünglich blutsfremden, oft genug sprach- und rassefremden ethnischen Gruppen zuletzt ein Volk mit einer Sprache und Sitte und einem Nationalgefühl schmieden wird: gemeinsames Leid und Not, gemeinsamer Sieg und Niederlage, gemeinsamer Jubel und Totenklage. Ein neues gewaltiges Gebiet hat sich erschlossen, auf dem Herren und Knechte gleichen Interessen dienen; das erzeugt einen Strom von Sympathie, von Zusammengehörigkeit. Jeder Teil ahnt, erkennt im anderen mehr und mehr den Menschen; das Gleiche der Anlage wird herausgefühlt, während vorher nur das Verschiedene in der äußeren Gestalt und Tracht, in der fremden Sprache und Religion zu Haß und Widerwillen aufreizte. Man lernt sich verständigen, erst im eigentlichen Sinne, durch die Sprache, dann auch seelisch; immer dichter wird das Netz der seelischen Zusammenhänge.

In diesem zweiten Stadium der Staatsbildung ist alles Wesentliche bereits in der Anlage enthalten. Kein weiterer Schritt kann sich an Bedeutung mit demjenigen messen, der von der Bären- zur Imkerstufe führte. Wir können uns darum mit kurzen Andeutungen begnügen.

Das dritte Stadium besteht darin, daß der »Überschuß« der Bauernschaften von ihnen selbst regelmäßig als »Tribut« in das Zeltlager der Hirten abgeliefert wird, eine Regelung, die augenscheinlich für beide Teile bedeutende Vorteile hat. Für die Bauern, weil die kleinen Unregelmäßigkeiten, die mit der bisherigen Form der Besteuerung verbunden waren: ein paar erschlagene Männer, vergewaltigte Frauen und niedergebrannte Gehöfte, nun ganz fortfallen; für die Hirten, [S. 41] weil sie, um sich ganz kaufmännisch auszudrücken, für dieses »Geschäft« keine »Spesen« und Arbeit mehr aufzuwenden haben und die freigewordene Zeit und Kraft auf »Erweiterung des Betriebes« verwenden, d.h. mit anderen Worten, neue Bauernschaften unterwerfen können.

Diese Form des Tributs ist uns aus historischen Zeiten bereits sehr geläufig, Hunnen, Magyaren, Tataren, Türken zogen aus den europäischen Tributen ihre besten Einnahmen. Unter Umständen kann sich bereits der Charakter eines Tributes, den Unterworfene an ihre Herren zu bezahlen haben, hier mehr oder minder verwischen, und die Leistung nimmt den Anschein eines Schutzgeldes oder gar einer Subvention an. Man kennt die Sage von Attila, den der kaiserliche Schwachkopf in Byzanz als seinen Lehnsfürsten abschildern ließ, weil ihm der Tribut als Hilfsgeld erschien.

Das vierte Stadium bedeutet wieder einen sehr wichtigen Schritt vorwärts, weil es die entscheidende Bedingung für das Zustandekommen des »Staates« in seiner uns geläufigen äußeren Form hinzubringt: die räumliche Vereinigung der beiden ethnischen Gruppen auf einem Gebiete [36]. (Bekanntlich kann keine juristische Definition des Staates ohne den Begriff des Staatsgebietes auskommen.) Von jetzt an wandeln sich die ursprünglich internationalen Beziehungen beider Gruppen immer mehr in intranationale.

Diese räumliche Vereinigung kann äußere Gründe haben: vielleicht haben stärkere Horden die Hirten vorwärtsgedrängt; vielleicht ist die Volksvermehrung in der Steppe über die Nährkraft der Weiden hinausgewachsen; vielleicht hat ein großes Viehsterben die Hirten [S. 42] gezwungen, die unbegrenzte Weite mit der Enge des Flußtales zu vertauschen. Im allgemeinen reichen aber schon innere Gründe hin, um die Hirten zu veranlassen, die Nachbarschaft der Bauern zu suchen. Die Schutzpflicht gegen die »Bären« zwingt sie, mindestens ein Aufgebot junger Krieger in der Nähe des Stockes zu halten, und das ist gleichzeitig eine gute Vorsichtsmaßregel, um die Bienen von Aufruhrgelüsten oder einer etwaigen Neigung zurückzuhalten, einen anderen Bären als Bienenvater über sich zu setzen. Denn auch das ist nicht selten. So sind, wenn die Überlieferung recht berichtet, Ruriks Söhne nach Rußland gelangt.

Zunächst ist die räumliche Nachbarschaft noch keine staatliche Gemeinschaft im engeren Sinne, d. h. eine Einheitsorganisation.

Wo sie es mit ganz unkriegerischen Unterworfenen zu tun haben, führen die Hirten, wandernd und weidend, ihr Nomadenleben ruhig weiter zwischen ihren Periöken und Heloten. So die hellfarbigen Wahuma, [37] »die schönsten Menschen der Welt« (Kandt) in Zentralafrika; so der Tuareg-Clan der Hadanara vom Stamme der Asgar, der seine »Wohnsitze unter den Imrad genommen hat und zu wandernden Freibeutern geworden ist. Diese Imrad sind die dienende Klasse der Asgar, von der diese leben, obwohl jene imstande sind, zehnmal mehr Streiter zu stellen; ihre Stellung ist ungefähr wie die der Spartaner zu den Heloten.« [38] So die Teda im benachbarten Borku: »So wie das Land in nomadennährende Halbwüste und Gärten und Dattelhaine, so teilt sich seine Bevölkerung in Nomaden und Ansässige. Beide halten sich die Wage, was ihre Zahl anbetrifft: es mögen 10 - 12.000 insgesamt sein; aber es ist selbstverständlich, daß diese von jenen beherrscht werden.« [39]

Und ähnliches gilt von der gesamten Hirtenvölkergruppe der Galla, Masai und Wahuma:

»Während die Besitzunterschiede groß sind, gibt es wenige Sklaven als dienende Klasse. Sie werden durch niedriger gestellte Völker vertreten, die räumlich abgesondert leben. Das Hirtentum ist die Grundlage der Familie, des Staates und zugleich das Prinzip der politischen Bewegungen. In diesem weiten Gebiet gibt es zwischen Schoa und dessen südlichen Vorländern auf der einen und Sansibar auf der anderen Seite keine feste politische [S. 43] Macht, trotz der hochentwickelten sozialen Gliederung.« [40]

Wo aber entweder das Land für Großviehzucht ungeeignet ist - wie z. B. Westeuropa fast überall - oder wo eine weniger unkriegerische Bevölkerung Erhebungsversuche erwarten läßt, da wird die Herrenbevölkerung mehr oder weniger seßhaft, sitzt, natürlich an festen oder strategisch wichtigen Punkten, in Zeltlagern oder Burgen oder Städten. Von hier aus beherrschen sie ihre »Untertanen«, um die sie sich im übrigen nicht weiter kümmern, als das Tributrecht es verlangt. Selbstverwaltung und Kultübung, Rechtsprechung und Wirtschaft ist den Unterworfenen völlig überlassen; ja, sogar ihre autochthone Verfassung, ihre lokalen Autoritäten bleiben unverändert.

Wenn Frants Buhl [41] recht berichtet ist, so war das der Anfang der israelitischen Herrschaft in Kanaan. Abessynien, diese uns als Vollstaat imponierende gewaltige Militärmacht, scheint auch noch nicht weit über das vierte Stadium hinaus zu sein. Wenigstens berichtet Ratzel [42]: »Wie sich die orientalischen Monarchen in alter und neuer Zeit nie viel um die innere Regierung und Gerechtigkeitspflege der unterworfenen Völker bekümmerten, war und ist Hauptsorge der Abessynier der Tribut.«

Das beste Beispiel aber für das vierte Stadium bietet uns die Geschichte in der Ordnung des alten Mexiko vor der Conquista:

»Die Konföderation, an deren Spitze die Mexikaner standen, hatte etwas fortgeschrittenere Begriffe von Eroberung. Von ihr wurden nur die Stämme vernichtet, die Widerstand leisteten. Sonst aber wurden die Überwundenen bloß ausgeplündert und dann zu Tribut verpflichtet. Der geschlagene Stamm regierte sich wie vorher durch seine Vorgesetzten, kein Gedanke, wie in Peru, an Bildung eines zusammenhängenden Reiches begleitete den ersten Überfall, nur Einschüchterung und Ausbeutung. So war denn das sogenannte Reich von Mexiko zur Zeit der Eroberung bloß eine Kette von eingeschüchterten Indianerstämmen, die, selbst untereinander scheu getrennt lebend, durch Furcht vor den Ausfällen aus einem unangreifbaren Raubnest in ihrer Mitte niedergehalten wurden. [43]

Wie man sieht, ist hier von einem Staat im eigentlichen Sinne [S. 44] noch nicht die Rede. Ratzel stellt das in der nachfolgend wiedergegebenen Bemerkung trefflich fest:

»Sieht man, wie weit die von Montezumas Kriegern unterworfenen Punkte durch nicht unterworfene Gebiete voneinander getrennt waren, so fühlt man sich versucht, Vergleiche mit der Hovaherrschaft über Madagaskar zu ziehen. Die Verstreuung einiger Garnisonen, besser: militärischer Kolonien, über das Land, die mühselig einen Beutekreis von ein paar Stunden in Unterwerfung halten, bedeutet uns nicht die Alleinherrschaft.« [44]

Aber von diesem vierten führt die Logik der Dinge schnell zum fünften Stadium, das nun schon fast der volle Staat ist.

Streitigkeiten entstehen zwischen benachbarten Dörfern oder Gauen, deren gewaltsamen Austrag die Herrengruppe nicht dulden kann, da dadurch die »Prästationsfähigkeit« der Bauern leiden müßte; sie wirft sich zum Schiedsrichter auf und erzwingt im Notfall ihren Spruch. Schließlich hat sie an dem »Hofe« jedes Dorfkönigs oder Gauhauptes ihren beamteten Vertreter, der die Macht ausübt, während dem alten Herrn der Schein der Macht bleibt. Für primitive Verhältnisse bildet der Inka-Staat das typische Beispiel dieser Ordnung.

Hier saßen die Inka in Cuzko vereint, wo sie ihre Erbländereien und ihre Wohnungen hatten. [45] Aber in jedem Bezirk residierte ein Vertreter der Inka, ein »Tucricuc«, am Hofe des eingeborenen Häuptlings. Er »hatte die Aufsicht über alle Angelegenheiten seines Bezirkes; er hatte die Aushebung der Mannschaften für das Heer zu veranlassen, die Einlieferung der Abgaben zu überwachen, die Frondienste, Wege- und Brückenbauten anzuordnen, das Rechtswesen zu leiten, kurz alles, was seinen Bezirk betraf unterstand seiner Aufsicht.« [46]

Was amerikanische Jäger und semitische Hirten ausgebildet haben, findet sich auch im Bezirk der afrikanischen Hirten. In Ashanti ist das System der Tucricuc ebenfalls typisch ausgebildet [47], und auch die Dualla haben über den in abgesonderten Dörfern lebenden [S. 45] Untertanen »ein auf Eroberung begründetes Mittelding von Lehnswesen und Sklaverei« [48] errichtet. Und von den Barotse berichtet derselbe Autor eine Verfassung, die schon fast völlig der mittelalterlichen Feudalordnung frühester Stufe entspricht: Ihre »Dörfer sind (...) in der Regel von einem Kranze von Weilern umgeben, wo Leibeigene wohnen, die in der nächsten Umgebung für ihre Herren Felder bestellen, Getreide anbauen oder auch Viehherden hüten müssen.« [49] Hier ist für unsere Begriffe nur fremdartig, daß die einzelnen Herren nicht in Burgen oder Hallen, sondern dorfweise zwischen den Unterworfenen hausen.

Von den Inka zu den Doriern in Lakedämon, Messenien und Kreta ist nur noch ein ebenso kleiner Schritt, wie von den Fulbe, Dualla und Barotse zu den verhältnismäßig straff organisierten Feudalstaaten der afrikanischen Negerreiche Uganda, Unyoro usw. und zu den ganz entsprechenden Feudalreichen Ost- und Westeuropas und ganz Asiens. Die Dinge entwickeln sich überall kraft derselben sozialpsychologischen Logik zum gleichen Ziele. Die Notwendigkeit, die Unterworfenen in Raison und bei voller Leistungsfähigkeit zu erhalten, führt Schritt für Schritt vom fünften zum sechsten Stadium, nämlich zur Ausbildung des Staates in jedem Sinne, zur vollen Intranationalität und zur Entwicklung der »Nationalität«. Immer häufiger wird der Zwang, einzugreifen, zu schlichten, zu strafen, zu erzwingen; die Gewohnheit des Herrschens und die Gebräuche der Herrschaft bilden sich aus. Die beiden Gruppen, erst räumlich getrennt, dann auf einem Gebiete vereint, aber noch immer nur erst nebeneinandergelegt, dann durcheinandergeschüttelt, eine mechanische »Mischung« im Sinne der Chemie, werden mehr und mehr zu einer »chemischen Verbindung«. Sie durchdringen sich, mischen sich, verschmelzen in Brauch und Sitte, Sprache und Gottesdienst zu einer Einheit, und schon spannen sich auch Fäden der Blutsverwandtschaft von der Ober- zur Unterschicht. Denn überall wählt sich das Herrenvolk die schönsten Jungfrauen der Unterworfenen zu Kebsen, und ein Stamm von Bastarden wächst empor, bald der Herrenschicht eingeordnet, bald verworfen und dann kraft des in ihren Adern rollenden Herrenblutes die geborenen Führer der Beherrschten. Der primitive Staat ist fertig, Form und Inhalt.

Fußnoten
[3]
Große, Formen der Familie. Freiburg u. Leipzig 1896. p. 39.
[4]
Ratzel, Völkerkunde. 2. Aufl. Leipzig u. Wien 1894/5. II, p. 372.
[5]
Die soziale Verfassung des Inkareichs. Stuttgart 1896. p. 51.
[6]
Dieser psychologische Gegensatz, der vielfach ausdrücklich bezeugt ist, ist doch nicht die absolute Regel. Große (Formen der Familie, p. 137) schreibt: »Einzelne Kulturhistoriker stellen freilich die Ackerbauer den kriegerischen Nomaden als friedliebende Völker gegenüber. Man kann allerdings von ihrer Wirtschaftsform nicht wie von der Viehzucht behaupten, daß ihr Wesen zum Kriege erziehe und locke. Nichtsdestoweniger aber findet man gerade in dem Bereiche dieser Kultur eine Menge der kriegslustigsten und grausamsten Völker, die man überhaupt finden kann. Die wilden Kannibalen des Bismarckarchipels, die mordgierigen Vitianer, die Menschenschlächter von Dahome und Aschanti - sie alle betreiben die »friedliche« Ackerwirtschaft; und wenn die übrigen Pflanzenbauer auch nicht ganz so schlimm sind, so scheint uns doch die Sanftmut der meisten mindestens fragwürdig.«
[7]
Siedlung und Agrarwesen der Westgermanen usw. Berlin 1895. I, p. 273.
[8]
l. c. I, p. 138.
[9]
Ratzel, l. c. I, p. 702.
[10]
Dazu kommt entscheidend, daß überall in diesen Gesellschaften der Reiche durch den Druck der öffentlichen Meinung gezwungen ist, reichlich, und oft überreichlich, bis zum Ruin, herzuschenken.
[11]
Ratzel, l. c. II, p. 555.
[12]
Ratzel, l. c. II, p. 555.
[13]
Z.B. bei den Ovambo nach Ratzel, l. c. II, 214, wo sie sich zum Teil »in sklavischer Stellung zu finden scheinen«; so nach Laveleye im alten Irland (Fuidhirs).
[14]
Ratzel, l. c. I, p. 648.
[15]
Ratzel, l. c. II, p. 99.
[16]
Lippert, Kulturgeschichte der Menschheit. Stuttgart 1886, II, p. 302.
[17]
Diese Angabe Lipperts ist nicht ganz korrekt. Die höheren seßhaften Jäger und Fischer Nordwest-Amerikas haben beides, Adel und Sklaven.
[18]
Lippert l. c. II, p. 522.
[19]
Röm. Geschichte. 6. Aufl. Berlin 1874. I, p. 17.
[20]
Ratzel, l. c. II, p. 518.
[21]
Ratzel, l. c. I, p. 425.
[22]
Ratzel, l. c. II, p. 545.
[23]
Ratzel, l. c. II, p. 390/1.
[24]
Ratzel, l. c. II, p. 390/1.
[25]
Lippert, l. c. I, p. 471.
[26]
Kulischer, Zur Entwicklungsgeschichte des Kapitelzinses. Jahrb. f. Nat.-Ök. u. Stat. III. Folge, 18. Bd. Jena 1899. p. 318. (»Plünderer und bei der Dürftigkeit ihrer Heimat nach fremdem Land begierig«, sagt Strabo.)
[27]
Ratzel, l. c. I, p. 123.
[28]
Ratzel, l. c. I, p. 591.
[29]
Ratzel, l. c. II, p. 370.
[30]
Ratzel, l. c. II, p. 390/1.
[31]
Ratzel, l. c. II, p. 388/9.
[32]
Ratzel, l. c. II, p. 103/4.
[33]
Thurnwald, Staat und Wirtschaft im alten Ägypten. Zeitschrift f. Soz. Wissenschaft Bd. 4 (1901), p. 700/1.
[34]
Ratzel, l. c. II, p. 404/5.
[35]
»Viele Sklaven zu halten, verbietet die Schwierigkeit ihrer Ernährung. Man hält also ganze Bevölkerungen in Untertänigkeit, denen man alles nimmt, was über das Bedürfnis der Lebensfristung hinausgeht. Man wandelt ganze Oasen in Domänen um, die man zur Erntezeit besucht, um ihre Bewohner auszurauben: eine echt wüstenhafte Beherrschung.« (Ratzel, l. c. II, p. 393, von den Arabern).
[36]
Bei den Fulbe besteht sogar etwas wie ein Übergangszustand zwischen den drei ersten und dem vierten Stadium, ein halb inter-, halb intranationaler Zustand der Herrschaft: »Das erobernde Volk streckt wie ein Polyp zahlreiche Arme hier- und dorthin zwischen die bestürzten Eingeborenen, deren Uneinigkeit eine Menge von Lücken bietet. So fließen langsam die Fulbe in die Benuëländer hinein und durchdringen sie ganz allmählich. Mit Recht vermeiden es daher auch neuere Beobachter, bestimmte Grenzen anzugeben. Es gibt viele zerstreute Fulbeortschaften, die einen bestimmten Ort als Mittelpunkt und zugleich als Machtzentrum ansehen; so ist Muri Vor- und Hauptort der zahlreichen am mittleren Benuë zerstreuten Fulbeniederlassungen, und ähnlich ist wohl die Stellung Yolas im Gebiet von Adamaua. Eigentliche Reiche, die sich fest gegeneinander und gegen die unabhängigen Stämme abgrenzen, gibt es noch nicht. Selbst diese Hauptorte sind übrigens noch weit davon entfernt, fest zu liegen.« (Ratzel, l. c. II, p. 492.)
[37]
Ratzel, l. c. II, p. 165.
[38]
Ratzel, l. c. II, p. 485.
[39]
Ratzel, l. c. II, p. 480.
[40]
Ratzel, l. c. II, p. 165.
[41]
Buhl, Soziale Verhältnisse der Israeliten, p. 13.
[42]
Ratzel, l. c. II, p. 455.
[43]
Ratzel, l. c. I, p. 628.
[44]
Ratzel, l. c. I, p. 625.
[45]
Cieza de Leon, »Seg. parte de la crónica del Peru«, p. 75, zit. nach Cunow, Inkareich. Stuttgart 1896. (p. 62 Anm. 1.)
[46]
Cunow, l. c., p. 61.
[47]
Ratzel, l. c. II, p. 346.
[48]
Ratzel, l. c. II, p. 36/7.
[49]
Ratzel, l. c. II, p. 221.

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